E-Rechnung

Von Marloes Göke

Viele Steuerkanzleien befinden sich an der Belastungsgrenze. Umso schwerer fällt es ihnen, sich zusätzlich mit dem Thema E-Rechnung auseinanderzusetzen und ihr Team für die Umstellung bis zum 1.1.2025 zu begeistern. Viele schieben diesen Prozess erst einmal weit weg. Kurzfristig sorgt das zwar für Entlastung, langfristig nehmen sie sich allerdings die Chance, die Umstellung selbstbestimmt zu gestalten, anstatt von den Anforderungen überrollt zu werden.

Lesen Sie im Folgenden, auf welche Weise Sie Ihr Team aktiv einbeziehen und wie Sie Beschwerden und Widerständen bei Ihren Mandantinnen und Mandanten beim Thema E-Rechnung vorbeugen können.

Wie Sie Ihr Team einbeziehen und motivieren

In jeder Veränderung liegt immer auch eine Chance – so auch diesmal. Zwar verfolgt die EU-Kommission mit der Einführung der E-Rechnung in erster Linie das Ziel, den Mehrwertsteuerbetrug einzudämmen; als Nebeneffekt wird jedoch ein weiterer Digitalisierungsschub erwartet. Und genau hier können Sie aus der Not eine Tugend machen.

Die Personaldecke ist in vielen Steuerkanzleien dünn, was zu einem Gefühl chronischer Zeitnot und Überlastung führt. Dieser Zustand ist gefährlich, denn er kann sich verfestigen. Jeder beklagt sich über zu wenig Zeit und trägt so unbewusst zur Aufrechterhaltung des Problems bei. Ganze Teams können sich auf diese Weise in eine Problemtrance versetzen. Dann stecken sie irgendwann fest. Michail Gorbatschow kannte das Phänomen: „Man ist entweder Teil der Lösung oder Teil des Problems.“

Was steckt dahinter? Mit der inneren Haltung „Wir haben ein Problem“ können wir keine Lösung finden. Um ein Problem zu lösen, ist es notwendig, den Blick in eine andere Richtung zu lenken.

Bezogen auf das Thema E-Rechnung bedeutet das: Fokussiert das Team seine Aufmerksamkeit auf die mangelnde Zeit, kann es nicht sehen, dass die Digitalisierung eine Chance sein kann.

Gute Kommunikation ist ausschlaggebend

Zugegeben, Prozesse zu digitalisieren, ist anfangs arbeitsintensiv. Aber zügig spart man Zeit und das macht sich langfristig überproportional bemerkbar. Hier liegt der größte Hebel, um ihr Team zu motivieren und die E-Rechnung in die übergeordnete Zielsetzung zu integrieren. Hier kommt es allerdings auf eine gute Kommunikation an!

Mit der bloßen Ansage: „Wir stellen jetzt auf E-Rechnung um!“ begeistern sie niemanden.

Versuchen Sie es so: „Ich sehe, dass die Belastung bei euch stark zugenommen hat und ich schätze euer Engagement sehr. Mir ist aber wichtig, dass wir zukünftig alle wieder mit mehr Freude an die Arbeit gehen können. Deswegen möchte ich eine Taskforce gründen und mit euch gemeinsam nach Wegen suchen, wie wir unsere chronische Zeitnot überwinden können. Dafür werden wir etwas Zeit und einen freien Kopf brauchen. Deswegen möchte ich mich mit allen, die Lust haben, an dem Projekt Good Work mitzuwirken, einmal pro Woche treffen. Ich möchte uns insgesamt ein Jahr dafür geben.“ Mit diesem Tenor werden sich sicher Mitstreiter und Mitstreiterinnen finden.

Im weiteren Verlauf ist es selbstverständlich notwendig, nicht nur das Versprechen einzuhalten, sondern vor allem auch Ihre positive Haltung aufrechtzuerhalten.

Ihr Fahrplan:

  1. Bilden Sie ein Arbeitsteam aus Mitarbeitenden, die Lust haben, an dem Prozess teilzuhaben. Zwingen Sie niemanden und ermöglichen Sie allen, auch während des Prozesses noch dazustoßen zu können.
  2. Legen Sie zu Beginn einen regelmäßigen Termin pro Woche von ca. einer Stunde fest und machen Sie es sich mit dem Arbeitsteam gemütlich. Nutzen Sie z. B. die Mittagspause als Lunch-Meeting und bestellen Sie Pizza für das Team.
  3. Verschaffen Sie sich im ersten Schritt einen Überblick, wo Störungen und Optimierungsfelder liegen, indem Sie z. B. gemeinsam eine Mindmap oder ein Prozessablauf-Chart anlegen.
  4. Im zweiten Schritt strukturieren und sortieren Sie gemeinsam die übergeordneten Themen und priorisieren Sie diese. Spielen Sie dabei immer die Frage im Hinterkopf durch, welche Schritte Sie digitalisieren können.
  5. Anschließend übersetzen Sie die Themen in Aufgaben. Planen Sie dann die To-dos zeitlich und verteilen Sie Verantwortlichkeiten. Gehen Sie dabei lieber in kleinen Schritten voran als gar nicht.
  6. Arbeiten Sie die To-dos dann nacheinander ab und halten Sie gemeinsam den Fortschritt fest.

Während des gesamten Prozesses berichtet in regelmäßigen Abständen idealerweise ein Mitglied aus dem Arbeitsteam dem übrigen Team. Einige werden dies lediglich zur Kenntnis nehmen. Bei anderen weckt es die Begehrlichkeit, auch mit dabei zu sein.

Umgang mit Widerständen beim Umstieg auf die E-Rechnung

Sie nutzen bei diesem Vorgehen das Prinzip, Betroffene zu Beteiligten zu machen als Motivationsverstärker. Stellen Sie sich aber darauf ein, auf Widerstände zu stoßen. Dies ist eine normale Reaktion auf Veränderung.

Tipps für den Abbau von Widerständen:

  • Nehmen Sie Angst, indem Sie zuhören und die geäußerten Bedenken ernst nehmen.
  • Informieren Sie stetig.
  • Halten Sie den Prozess und Verlauf transparent.
  • Stellen Sie den Nutzen der Veränderung immer wieder heraus.
  • Hören Sie sich mögliche Einwände genau an und filtern Sie diejenigen heraus, die berechtigt sind und eine Anpassung erforderlich machen.
  • Machen Sie wertschätzend deutlich: Die Umstellung ist unumgänglich.

Wie Sie mit Widerständen seitens der Mandantinnen und Mandanten umgehen

Die Umstellung auf E-Rechnungen betrifft nicht nur Ihre eigenen Prozesse und Abläufe, sondern auch die Schnittstelle zu all Ihren Mandantinnen und Mandanten, die sich im Geschäftskundensegment bewegen. Denn für diese gilt die E-Rechnungs-Pflicht gleichermaßen ab dem 1.1.2025.

Widerstände gegenüber Veränderungen werden sehr sicher auch in Ihrer Mandantschaft auftreten. Dies liegt in der Natur der Menschen. Zum einen haben wir eine Tendenz, Vertrautes zu bewahren. Zum anderen bedeuteten Umstellungen immer Stress.

Dies ist in den letzten Jahren in der Arbeitswelt insbesondere unter dem Phänomen des „Digitalen Stresses“ festzustellen. Dieser entsteht, wenn der Umgang mit digitalen Technologien und Medien als belastend wahrgenommen wird. Ein Faktor sind dabei immer schneller aufeinanderfolgende Software-Updates, die zu Veränderungen in der Bedienung führen.

Die Umstellung auf die E-Rechnung wird bei einem Teil Ihrer Mandantschaft nicht nur eine Umgewöhnung zur Folge haben, sondern die Einführung einer komplett neuen Software. Da ist Widerstand quasi nicht zu vermeiden.

Idealerweise beugen Sie nicht nur zu erwartenden Widerständen und Beschwerden frühzeitig vor, sondern informieren und beraten Ihre Mandantinnen und Mandanten möglichst frühzeitig. Denn es ist viel leichter und entspannter, diese aktiv mitzunehmen, als sie hinter sich herzuzerren.

Wie können Sie Ihre Mandantinnen und Mandanten mitnehmen?

Wie bei Ihrem Team ist auch bei Ihrer Mandantschaft eine proaktive und transparente Kommunikation das zielführendste Mittel. Bereiten Sie diese gut vor, denn Sie sind vermutlich für einige der Überbringer einer schlechten Botschaft.  Insbesondere bei Mandantinnen und Mandanten, bei denen der Digitalisierungsgrad noch sehr niedrig ist, ist mit Ärger zu rechnen.

Je nach Ihrer persönlichen Situation in der Kanzlei können Sie mehr oder weniger Begleitung bei dem Veränderungsprozess leisten. Haben Sie die nötigen Ressourcen und wollen dies als Geschäftsfeld nutzen, können Sie eine Komplettbegleitung durch den Prozess anbieten. Wollen oder können sie das nicht leisten, sind weitere Abstufungen denkbar.

Eine Minimalbegleitung könnte ein schriftlicher Leitfaden darstellen, der die Umstellung Schritt für Schritt abbildet. Ein etwas umfangreicheres Angebot könnte der Leitfaden in Kombination mit punktueller Unterstützung sein.

An folgendem Vorgehen für den Umstieg auf die E-Rechnung können Sie sich orientieren:

  • Erstes Info-Anschreiben mit einem Zeitplan und dem Verweis auf Ihr Unterstützungsangebot (prüfen Sie vorab, welche Mandantinnen und Mandanten Sie unbedingt persönlich informieren sollten).
  • Zusammentragen aller zu erwartenden Beschwerden und Einwände seitens der Mandantschaft und Erarbeitung eines Gesprächsleitfadens mit Formulierungshilfe, wie auf diese reagiert werden kann.
  • Versenden des neuen digitalen Prozesses der E-Rechnung mit allen erforderlichen Informationen und einem FAQ-Teil (Welche Unterlagen muss Ihre Mandantschaft zukünftig in welcher Form und wann übermitteln?).
  • Erneute Kontaktaufnahme mit der Frage, wo Unterstützung gewünscht wird und der Erinnerung, dass es in sechs bzw. drei Monaten losgeht.
  • Führen einer Mandantenliste mit dem aktuellen Status zur Umstellung auf die E-Rechnung.
  • Letzte Erinnerung ca. vier Wochen vor der Umstellung, also Anfang Dezember 2024.

Alles zum Thema E-Rechnung auf Tax Tech

Mehr zum Thema E-Rechnung finden Sie in der Artikelreihe von Johannes Franz zur erfolgreichen Einführung der E-Rechnung in Steuerkanzleien.

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Marloes Göke ist Unternehmensberaterin für Steuerkanzleien. Sie unterstützt die Inhaber dabei, sich stärker zu professionalisieren — mit dem Ziel, ihre Kanzlei effektiv zu steuern und ein erfolgreiches Zeit- & Selbstmanagement zu implementieren. Ihr Buch „Selbstständigkeit ohne Selbstaufgabe“ ist im Haufe Verlag erschienen. Göke schreibt als Gastautorin für Branchen- und Fachmagazine und hält als Keynote Speakerin regelmäßig Vorträge u. a. beim Deutschen Steuerberaterkongress oder dem tax4talents-festival. Nähere Informationen finden Sie unter: Unternehmerberatung Göke.

Bild: Adobe Stock/©apinan

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