digitale Kommunikation

Von Birgitta Dennerlein
Die Digitalisierung schreitet in Steuerkanzleien bedeutsam voran und führt zu einer Beschleunigung der Arbeitsprozesse und zu mehr Flexibilität. So erfolgt auch der Informationsaustausch und Wissenstransfer innerhalb der Steuerkanzlei und mit der Mandantschaft vermehrt digital mithilfe von E-Mails, Videotelefonie, Chats, Podcasts, Online-Seminaren, Videos und Blogs. Durch die Digitalisierung vergrößert sich die zeitliche und örtliche Unabhängigkeit. Der Aufenthalt im Büro ist nicht mehr zwingend notwendig.

Damit der Erfolgsfaktor Mensch im digitalen Wandel jedoch nicht auf der Strecke bleibt, ist es wichtig, die Mitarbeitenden und die Mandantschaft auf gesunde Art und Weise „mitzunehmen“. Dies gelingt insbesondere durch proaktive, großzügige und regelmäßige Kommunikation auf Basis von klaren Strukturen und funktionierender Infrastruktur sowie Medienkompetenz.

Dieser Beitrag soll dazu dienen, typische Kommunikationsfallen aufzuzeigen und Ihnen praktische Hilfsmittel für die Kommunikation im digitalen Wandel an die Hand zu geben.

Herausforderungen der digitalen Kommunikation

Da die Kommunikation vermehrt elektronisch abläuft, fehlen nonverbale Zeichen wie Gestik und Mimik. Die Gefahr von Missverständnissen steigt. Ebenso geht der spontane und informelle Austausch verloren. Fehlende Erreichbarkeit birgt Konfliktpotenzial. Kommunikation ist daher verstärkt zu planen und kostet mehr Organisationsaufwand. Das proaktive Kommunizieren und die Sicherstellung von Transparenz sind anstrengender.

Hinzu kommt, dass digital getroffene Absprachen als weniger verbindlich wahrgenommen werden. Der gegenseitige Respekt und die Anerkennung gehen auf elektronischem Wege leichter verloren – so ist der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen herausfordernder. Teamzusammenhalt und Leistungsbeurteilung auf rein digitaler Ebene ist schwierig und erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl. Es ist zudem schwierig, die eigene Balance zwischen Arbeits- und Berufsleben zu finden.

Mitarbeitenden, die remote oder im Homeoffice arbeiten, fühlen sich häufiger unzureichend informiert und zum Teil ausgegrenzt. Dies führt schnell zu Frustration oder zu Vereinsamung, denn zwischenmenschliche Kontakte und persönliche Gespräche sind wichtig. Fehlende Selbstorganisation sowie Schwächen in der Medienkompetenz bzw. technische Probleme sind schnell demotivierend und verringern die Leistungsfähigkeit.

Zehn typische Kommunikationsfallen

Um weitere Arbeits- und Stressbelastung zu vermeiden, achten Sie auf die zehn typischen digitalen Kommunikationsfallen.

1. Fehlende klare Kommunikationsregeln:

Es mangelt regelmäßig an klaren Absprachen bezüglich der Verwendung der Kommunikationsmittel und -wege (wann und wie schnell ist auf E-Mails zu reagieren, wann und zu welchem Zweck ist die Chatfunktion zu nutzen). Fehlende klare Regeln führen schnell zu Unzufriedenheit und Unsicherheit.

2. Fehlende oder unklar ausgesprochene Ziele und Erwartungen:

Erwartungen und Zielvorgaben sind oft unklar, teilweise oder gar nicht ausgesprochen. Es wird davon ausgegangen, der andere hat es sicherlich verstanden und weiß, was zu tun ist. Ohne klar formulierte Ziele und Erwartungshaltungen entstehen sehr schnell Missverständnisse und Frust auf beiden Seiten.

3. Nicht-Kommunikation und fehlende Erreichbarkeit:

Keine Kommunikation ist auch eine Form der Kommunikation. Schweigen oder Ignoranz lösen jedoch keine Probleme und können schwelende Konflikte sogar verschlimmern. Auch fehlende Erreichbarkeit macht eine gute Zusammenarbeit auf Dauer unmöglich.

4. Falsche, fehlende oder unvollständige Informationen:

Informationen werden oft unvollständig oder nur teilweise ausgetauscht. Leider sind bewusst kommunizierte „Fake News“ modern – sie kosten viel Kraft und Zeit zur Klärung. Gerade in Steuerkanzleien haben Datenschutz und -sicherheit hohe Priorität!

5. Zu späte, unregelmäßig oder nicht zeitnahe Informationen:

Es ist wichtig, Informationen zur rechten Zeit in der rechten Menge sowie klar und deutlich und Empfängergerecht zu formulieren. Ansonsten entsteht schnell Frustration.

6. Fehlende oder mangelnde Medienkompetenz, technische Probleme:

Fehlende Erreichbarkeit, da das Internet nicht funktioniert bzw. fehlende technische Medienkompetenz verhindern einen guten Austausch, führen zu Unsicherheiten und Demotivation.

7. Zu viele negative Informationen:

Zu viele Informationen verhindern Produktivität und können verwirren.

8. Mangelnde Wertschätzung:

„Nicht geschimpft, ist gelobt genug“ ist unmodern. Gerade in Zeiten der Veränderung ist persönlich ausgesprochene Anerkennung oder zumindest ein Dankeschön im richtigen Moment besonders wichtig.

9. Nutzung von falschen Kanälen (z. B. E-Mail statt persönlichem Gespräch):

E-Mail-Botschaften beinhalten das besondere Risiko von Missverständnissen, da nonverbale Zeichen nicht mittransportiert werden. Achten Sie daher darauf, was Sie an wen schreiben. In gewissen Situationen ist es besser, das persönliche Gespräch zu suchen.

10. Missverständnisse und fehlende Einbindung:

Missverständnisse kosten Zeit und Nerven. Je klarer Informationen ausgetauscht und Erwartungen kommuniziert werden, desto leichter ist es, Missverständnisse zu vermeiden. Es ist wichtig, die Mandant:innen und das Team entsprechend einzubinden.

So umgehen Sie Kommunikationsfallen

1. Klare Regeln, Ziele und Erwartungen

Achten Sie darauf, dass Regeln, Ziele und Erwartungen klar definiert und ausgesprochen sind. Wägen Sie beispielsweise Qualität von Termintreue ab. Wichtige Telefonmeetings sollten nach Vereinbarung erfolgen, Videokonferenzen am besten mit angeschalteter Kamera, Chats sollten nur zu gewissen Zeiten und Themen verwendet werden. E-Mails mit Priorität sollen vereinbarungsgemäß innerhalb von sechs bis acht Stunden beantwortet werden. Formulieren Sie Ihre Erwartungen durch sog. Ich-Botschaften („Ich wünsche mir …, ich erwarte, … ich habe die Vorstellung …“).

2. Aktiv und durchdacht informieren

Eine gute Gesprächsvorbereitung ist wichtig! Überlegen Sie sich genau, was Sie wann, wie, an wen und wozu adressieren. Ziele sollten „SMART“ gestaltet sein, d. h. spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein. Gestalten Sie Online-Meetings abwechslungsreich und interessant, beispielweise mit Kurzdiskussionen.

3. Hören Sie aktiv zu!

Nehmen Sie sich die Zeit und hören Sie genau hin, welche Botschaften Ihr Gegenüber äußert. Wenn Sie sich nicht sicher sind, was gemeint ist, fragen Sie nach („Habe ich richtig verstanden, …?“). Dies reduziert Missverständnisse und fördert das gegenseitige Verständnis! Stellen Sie offene Fragen, um den Hintergrund zu klären. Offene Fragen (beginnend mit „Wie, Wann, Wieso, Was noch …?“) ermöglichen mehr Gesprächsraum.

4. Achten Sie auf nonverbale Signale

Signale wie Blicke, Mimik, Gestik sind gerade auch bei Videokonferenzen wichtig. Durch Beachtung von diesen Signalen können zahlreiche Missverständnisse vermieden werden. Absprachen mit persönlicher Note werden verbindlicher wahrgenommen und vermeiden Fehlinterpretationen. Achten Sie daher insbesondere im Schriftverkehr auf Ihre Worte. Ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht kann je nach Situation zielführender sein.

5. Achten Sie auf eine sehr gute proaktive Kommunikation in alle Richtungen!

Kommunizieren Sie in alle Richtungen (360 Grad) mit positiver Grundeinstellung und unterstellen Sie keine falschen Absichten. Kommunizieren Sie strukturiert und empathisch. Gehen Sie vor allem vorbereitet in Besprechungen und überlegen Sie sich, wie Sie in hybriden Sitzungen diejenigen ansprechen, die nicht vor Ort sind. Vergessen Sie niemanden! Seien Sie positiv, machen Sie Mut, sagen Sie danke. Bei Unklarheiten, fragen Sie so lange nach, bis alle relevanten Informationen strukturiert gegenseitig vermittelt sind.

6. Pflegen Sie den persönlichen Kontakt

Suchen Sie mit Maß und Ziel den persönlichen Kontakt auch im Eins-zu-Eins-Gespräch (z. B. über Telefonate, persönliche Besuche oder Videotelefonie). Sie können auch Buch über Ihre konsequente Kontaktpflege führen! Der persönliche Kontakt ist wichtig, denn er stärkt das gegenseitige Vertrauen.

7. Bauen Sie Vertrauen regelmäßig auf!

Kontrolle ist in der digitalen Welt nur bedingt möglich, da mehr Ausweich- und Ablenkungsmöglichkeiten bestehen. Optimieren Sie gemeinsam mit der Mandantschaft und dem Steuerkanzleiteam die Arbeitsabläufe. Gemeinsame Erfolge und mentale Vernetzung stärken das Vertrauen!

Geben Sie gegenseitig konstruktives Feedback. Dies setzt jedoch im Vorhinein klar vereinbarte Regeln und Ziele voraus. Nehmen Sie Ihr Gegenüber wichtig, seien Sie positiv eingestellt und zeigen Sie dies in der Art Ihrer Gesprächsführung und der gewählten Worte. Außerfachlicher Austausch fördert Vertrauen in hohem Maß.

8. Gutes Gesprächsende

Beenden Sie das Gespräch positiv und fassen Sie das Wesentliche zusammen („Zum Schluss halte ich noch mal das Wesentliche fest …“). Machen Sie kurze Gesprächsnotizen, welche auf einer Meta-Plattform für alle Beteiligten zugänglich sind.

Trotz Informationsfülle und veränderter Arbeitsumgebung erfolgreich kommunizieren

Die Intensität und Informationsfülle haben sich im Zeitalter der Digitalisierung stark erhöht. Permanent sind wir erreichbar und miteinander verbunden. Daher ist es umso wichtiger, darauf zu achten, welche Nachrichten wann und vor allem auf welchem Kommunikationsweg transportiert werden sollen. Wenn die wichtigen Kommunikationsregeln mit Sinn und Verstand beachtet werden, können Sie die Digitalisierung auch zwischenmenschlich erfolgreich und bereichernd gestaltet. Das Erarbeiten von Vertrauen, Persönlichkeit, Fingerspitzengefühl und Vernetzungsfähigkeit sind dabei wichtige Kernkompetenzen.

Kollaboration und Zusammenhalt – so funktioniert digitales Teamwork in der Kanzlei

Foto: Alexey Chigretskiy

Birgitta Dennerlein ist als Steuerberaterin und Wirtschaftsmediatorin selbstständig tätig. Sie ist Referentin für verschiedene Bildungsträger im Bereich Unternehmenssteuer und Bilanzsteuerrecht und schult als Trainerin Führungskräfte und ihre Teams. Vor der Selbstständigkeit war sie Managerin bei einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft („Big Four“) und hatte ihre Schwerpunkte auf dem Gebiet von Risikobeurteilungen (Due Diligence) und latenten Steuern. Zudem ist sie Autorin von Büchern und Fachbeiträgen.

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