Was ist Tax Tech?

Was steckt hinter dem Begriff „Tax Tech“ und welche neuen Möglichkeiten bieten sich Kanzleien, Steuerabteilungen und Unternehmen durch die Digitalisierung der Steuerbranche?

Definition Tax Tech

Das Wort Tax Tech oder auch Tax Technology bezeichnet die Digitalisierung von steuerberatenden Tätigkeiten und den zielgerichteten und effizienten Einsatz von Technologie in der Steuerkanzlei und in der Steuerabteilung. Ziel ist, die eigene Arbeit mithilfe der Digitalisierung möglichst effizient zu gestalten und repetitive, zeitintensive Aufgaben nicht mehr manuell, sondern maschinell erledigen zu lassen, um mehr Zeit für komplexe und individuelle Fragen und Tätigkeiten zu schaffen.

In diesen Bereichen kommt Tax Tech zum Einsatz

Umgesetzt wird Tax Tech meist mit Software und Tools, die von etablierten Unternehmen, aber auch von Start-ups entwickelt werden. Unterscheiden kann man dabei zwischen:

  1. Anwendungen, die Steuerberater:innen bei der Arbeit unterstützen (z. B. klassische Kanzleisoftware, Plattformen zum Dokumentenaustausch, Datenbanken oder Honorartools).
  2. Technologien, die die Arbeit von Steuerberater:innen in einzelnen Bereichen teilweise oder komplett automatisieren – u. a. mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) – z. B. zur Erfassung von Mandantendaten, im Rechnungswesen, bei der Verfahrensdokumentation oder der Umsatzsteuer.
  3. Kommunikations- und Kollaborationsplattformen, die Kanzleien intern sowie mit ihren Mandant:innen vernetzen. Dort werden u. a. Nachrichten ausgetauscht, Dokumente versendet und verwaltet oder digital unterschrieben.

Tax Tech hilft Steuerkanzleien, Zeit zu sparen

Prädestiniert für den Einsatz von Tax Tech sind repetitive Tätigkeiten, also Aufgaben, die immer wieder auf ähnliche Weise anfallen, zum Beispiel in den Bereichen Finanz- und Lohnbuchhaltung, Umsatzsteuer oder Rechnungslegung. Ziel des Ganzen: Entlastung der Steuerberater:innen und Mitarbeitenden und mehr Zeit für die Bearbeitung komplexer nicht standardisierbarer Steuerangelegenheiten sowie die individuelle Beratung.

Vor allem die Belegverarbeitung ist geprägt von repetitiven und zeitaufwändigen Arbeiten wie Scannen oder manuellem Buchen. Hier gibt es bereits innovative Tools, die diese Arbeitsschritte autonom und teilweise selbstlernend übernehmen. Ähnliches gilt für das Auslesen von Rechnungsinformationen.

Ein anderes Beispiel ist die Verfahrensdokumentation, bei der durch die digitale Umsetzung Zeit- und Arbeitsaufwand deutlich reduziert werden können. Die entsprechenden Tools führen per Online-Assistent durch die Erfassung der Daten. Einmal angelegt, kann immer wieder darauf zurückgegriffen werden. Außerdem stehen vordefinierte Geschäftsprozesse zur schnellen Erfassung bereit. Anschließend kann die Verfahrensdokumentation revisionssicher vorgehalten werden.

Weiteres Einsatzgebiet von Tax Tech ist der Bereich Analyse und Controlling. Liegen erst alle Informationen der Mandantschaft in digitaler Form vor, erlaubt dies die automatische Auswertung wichtiger Kennzahlen, was häufig neue Beratungsanlässe liefert. Verschiedene Tax Tech-Tools am Markt versprechen, die steuerlichen, betriebswirtschaftlichen und risikorelevanten Events in den beratenden Unternehmen ohne großen manuellen Aufwand zu überwachen. Das ermöglicht es der Kanzlei, Mandant:innen frühzeitig und passgenau zu beraten.

Neue Möglichkeiten zur effizienten und zeitsparenden Mandantenkommunikation

Es beginnt bereits bei der Mandatsanbahnung über die Kanzleiwebsite. Hier kann ein Chatbot der erste Kontaktpunkt für potenzielle Mandant:innen sein. Ein Chatbot ist ein Softwareprogramm, das, basierend auf KI, ein Gespräch (einen Chat) mit einem Benutzer in natürlicher Sprache führt. Auf diese Weise können, ohne den Einsatz von menschlichen Ressourcen, erste (Standard-)Fragen geklärt oder Unterlagen ausgetauscht werden.

Ist das Mandatsverhältnis hergestellt, können moderne Kommunikationsplattformen genutzt werden, um kanzleiintern, mit Mandant:innen oder der Verwaltung komfortabel und sicher zu kommunizieren und gemeinsame Arbeitsprozesse systematisch abzuarbeiten. Dabei werden Nachrichten und Dokumente verschlüsselt ausgetauscht und verwaltet oder auch digital unterschrieben. Der Status des Mandats kann angezeigt und das unnötige Versenden von E-Mails reduziert werden.

Der Kanzlei ermöglicht das rein digitale Arbeiten außerdem überregionales sowie ortsunabhängiges Arbeiten – ein Plus bei der Mandanten- und Mitarbeitergewinnung.

Für jeden Mandanten das passende Tool

Steuerkanzleien steht mittlerweile eine Vielzahl an Tools zur Vereinfachung der Mandantenkommunikation zur Verfügung. So gibt es auf E-Commerce spezialisierte Tools, die Belege automatisch aus bis zu 2.500 Online-Portalen wie Amazon, Ebay oder sonstigen Shops abholen oder selbst hochgeladene Ein- und Ausgangsrechnungen erkennen und zur zugehörigen Kontobewegung sortieren. Zudem identifizieren die Tools oftmals Potenziale zur Verbesserung von Liquidität und Ertrag oder helfen, der Informationspflicht nachzukommen und den Mandant:innen nützliche Tipps an die Hand zu geben.

So verändert Tax Tech die Arbeit von Steuerkanzleien:

  • Das Berufsbild wandelt sich: Steuerberater:innen sind zunehmend für individuelle Steuerfragen und Beratung zuständig, statt für standardisierte Dienstleistungen wie Belegerfassung und Buchungen
    ⇒ stärkere Serviceorientierung und Ausbau des Beratungsaspekts
  • Effizienteres und angenehmeres Arbeiten durch (Teil-)Automatisierung von repetitiven Aufgaben und Standardprozessen, auch mithilfe von künstlicher Intelligenz
  • Verbesserung der Mandantenkommunikation durch verschiedene Tools
  • Stärkere Zielgruppenorientierung, Bedienung individueller Mandantenbedürfnisse
  • Aufbau von Spezialwissen und ausgeprägter Expertise in einzelnen Themenbereichen
  • Kompetenzen wie technisches Verständnis und unternehmerisches Denken gewinnen an Bedeutung
  • Ortsunabhängiges Arbeiten durch elektronische Dokumente und Cloud-Lösungen
    ⇒ Neue überregionale Möglichkeiten im Bereich Mitarbeitergewinnung und Erschließung von Mandantenpotenzialen
  • Die Digitalisierung und die damit einhergehende Veränderungen erhöhen die Attraktivität des Berufsstandes

Der Nutzen von Tax Tech für Unternehmen

Tax Tech bietet Unternehmen die Möglichkeit, unkompliziert mit der Steuerkanzlei zusammenzuarbeiten. Belege für die Steuererklärung oder die Finanzbuchhaltung sowie Informationen zu Mitarbeitenden können meist einfach online – teilweise über eine eigene App – an die Beraterin oder den Berater übermittelt werden.

Neben Software-Komplettlösungen zur Erfassung sämtlicher finanzrelevanter Geschäftsprozesse eines Unternehmens gibt es eine wachsende Zahl an Tools für die digitale Buchhaltung. So können Rechnungen versendet und verwaltet, Stammdaten erfasst und die Kommunikation mit Steuerkanzlei und Finanzamt teilweise automatisiert ablaufen. Auch die Verarbeitung eingehender Rechnungen kann teilautomatisiert erledigt werden. Zudem liefern einige Angebote aktuelle Übersichten und Analysen zur Umsatz-, Gewinn- und Vermögenssituation des Unternehmens.

Prädestiniert für den Einsatz von Tax Tech ist auch der Bereich der Umsatzsteuer. Die entsprechenden Tools übernehmen über Schnittstellen zu Marktplätzen, Shop- und ERP-Systemen die komplette Abwicklung der umsatzsteuerrechtlichen Pflichten im In- und Ausland.

Weitere Einsatzgebiete von Tax Tech in Unternehmen/Steuerabteilungen:

  • Personalwesen
  • CRM
  • Dokumentenmanagement
  • Projektmanagement
  • Fakturierung
  • Warenwirtschaft
  • Fahrtenbuch und Fuhrparkmanagement
  • Tax Compliance

Fazit: Schritt für Schritt zur digitalen Kanzlei

Möchte man die eigene Kanzlei zukunftsfähig aufstellen, effizienter arbeiten und bessere Chancen bei der Mitarbeitersuche haben, führt kein Weg an der Digitalisierung vorbei. Welcher Weg dabei der richtige ist, wie viel digitalisiert und automatisiert wird, hängt von vielen individuellen Faktoren wie der Mandantenstruktur, den eigenen Geschäftsfeldern und der Spezialisierung ab. Als erste Schritte in Richtung digitaler Steuerkanzlei empfiehlt es sich, die eigene Arbeit und das eigene Geschäftsfeld zu analysieren, repetitive und lästige Aufgaben zu identifizieren und diese Bereiche Schritt für Schritt zu digitalisieren. Es lohnt sich bereits, die Möglichkeiten der Kanzleisoftware voll auszuschöpfen und mit ersten Tools zur Automatisierung einzelner Prozesse zu starten. Wichtig ist, analoge Prozesse nicht eins zu eins in die digitale Welt zu übertragen, sondern vorab den Bedarf auf Mandantenseite zu identifizieren und den idealen kanzleiinternen Prozess zu skizzieren.

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