In dieser Folge von "Steuerberatung innovativ" spricht Ulf Hausmann mit Steuerberater Tobias Wewers darüber, wie er durch ein selbstentwickeltes Qualitätsmanagement-System (QM) auf Basis von OneNote die Abläufe in seiner Kanzlei optimiert hat. Der Steuerberater teilt seine Erfahrungen, wie er mit klaren Prozessen und digitalen Tools nicht nur wertvolle Zeit spart, sondern auch seine Kanzlei auf die Herausforderungen der Automatisierung und KI-Zukunft vorbereitet.

Ein Handbuch als Grundstein für Ordnung

Vor etwa 13 Jahren stand Wewers vor einer Herausforderung, die viele Kanzleiinhaber:innen kennen: Die Mitarbeitenden kamen mit immer wiederkehrenden Fragen zu ihm. „Ich wollte nicht ständig dieselben Dinge klären“, erzählt er. Die Lösung war die Einführung eines Organisationshandbuchs. Mithilfe eines Unternehmensberaters erarbeitete er in nur einer Woche eine erste Version. Auf 80 Seiten wurden grundlegende Themen geregelt – vom Umgang mit Telefonaten über die Nutzung des Dokumentenmanagementsystems bis hin zu Urlaubsanträgen.

„Für neue Mitarbeitende ist dieses Handbuch heute Pflichtlektüre“, erklärt Wewers. Über die Jahre ist es auf 170 Seiten angewachsen und regelt alle Standardprozesse in der Kanzlei. Es bildet die Basis des Qualitätsmanagementsystems, das sich kontinuierlich weiterentwickelt. „Sobald eine Frage auftaucht, die nicht geregelt ist, ergänzen wir das Handbuch.“

ISO-Zertifizierung – ein kurzer Umweg

Vor etwa zehn Jahren wagte sich die Kanzlei an eine ISO-Zertifizierung (Anm. d. Redaktion: Mit einer ISO-Zertifizierung weisen Unternehmen, Institutionen und Behörden nach, dass sie Normen für Managementsysteme wie beispielsweise ISO 9001 für Qualitätsmanagement einhalten). Doch die Erwartungen wurden nicht erfüllt. „Das System war zu starr und brachte uns nicht wirklich weiter“, erinnert sich Wewers. „Für unsere Mandanten, die meist kleine und mittelständische Unternehmen sind, spielte die Zertifizierung keine Rolle.“ Nach fünf Jahren stieg die Kanzlei aus dem ISO-Programm aus und konzentrierte sich wieder auf interne Verbesserungen. „Mir ging es immer darum, dass unsere Prozesse reibungslos funktionieren – und weniger um eine Außenwirkung.“

Digitalisierung mit OneNote

Ein Meilenstein war die Einführung von OneNote, einem digitalen Notizbuch, das die Kanzlei seit vielen Jahren nutzt. „OneNote hilft uns, Prozesse zentral zu dokumentieren und digital verfügbar zu machen“, erklärt Wewers. Anfangs stieß das Tool auf Widerstand im Team. Doch ein klarer Testansatz überzeugte die Mitarbeitenden: „Ich habe gesagt, wir testen es sechs Monate, und wenn es nicht funktioniert, werfen wir es raus. Nach drei Monaten wollte keiner mehr darauf verzichten.“

Heute ist OneNote fest in den Kanzleialltag integriert. Von der digitalen Eingangspost bis hin zu QM-Prozessen wird alles über das Tool organisiert. „Es reduziert E-Mail-Ping-Pong und sorgt dafür, dass Prozesse klar nachvollziehbar sind“, erklärt Wewers.

Mitarbeitende als Prozessverantwortliche

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg des QM-Systems ist die Einbindung der Mitarbeitenden. „Für jeden Prozess gibt es eine verantwortliche Person im Team“, sagt Wewers. Diese führt regelmäßig Audits durch, bei denen die Abläufe geprüft und Verbesserungsvorschläge gesammelt werden. „Ich halte mich aus den operativen Details bewusst heraus, damit ich mich auf die Weiterentwicklung der Kanzlei konzentrieren kann.“

Prozesse auch bei Mandant:innen im Blick

Die Digitalisierung der Buchhaltung stellte das Team vor neue Herausforderungen. „Früher brachte der Mandant oder die Mandantin den Pendelordner, und wir haben damit gearbeitet“, erzählt Wewers. „Heute müssen wir verstehen, wie der Mandant oder die Mandantin die eigenen Belege digitalisiert, um Chaos zu vermeiden.“

Dieser Perspektivwechsel erforderte Überzeugungsarbeit: „Die Mitarbeitenden mussten lernen, dass wir uns auch mit den Prozessen unserer Mandant:innen beschäftigen müssen. Mittlerweile haben sie verstanden, wie wichtig das für eine reibungslose Zusammenarbeit ist.“

Der nächste Schritt: Automatisierung

Mit einem Informatiker im Team arbeitet die Kanzlei bereits intensiv an der Automatisierung von Prozessen. „Wir entwickeln Bots, die repetitive Aufgaben übernehmen“, berichtet Wewers. Die Vision: eine weitgehend automatisierte Buchhaltung innerhalb der nächsten zwei Jahre. „Ich bin überzeugt, dass nur Kanzleien, die den digitalen Weg mitgehen, langfristig erfolgreich sein werden.“

Qualitätsmanagement als Geschäftsmodell

Das selbst entwickelte QM-System bleibt nicht in der eigenen Kanzlei. Wewers bietet es mittlerweile auch Kolleginnen und Kollegen an. „Wir haben ein anonymisiertes System aufgebaut, das alle wichtigen Prozesse und Vorlagen enthält. Es geht weit über QM hinaus und deckt Themen wie Dienstleistungsübersichten, Honorargestaltung und sogar Geldwäscheprävention ab.“

Fazit

Tobias Wewers zeigt, wie durch kluge Organisation und eine digitale Strategie nicht nur der Kanzleialltag erleichtert, sondern auch die Grundlage für Wachstum geschaffen wird. „Jede Kanzlei braucht klare Prozesse – ob mit oder ohne ISO-Zertifizierung“, ist er überzeugt. „Nur so können wir den Herausforderungen der Digitalisierung begegnen und gleichzeitig die Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Mandant:innen steigern.“

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Ulf Hausmann ist Kanzleiberater und systemischer Organisationsberater und Coach. Er war zehn Jahre Marketingleiter von Ecovis und begleitet Kanzleien in Strategie, Führung und Organisationsentwicklung. Er ist Autor und Seminarleiter für unternehmerische Themen in Steuerkanzleien, Mitglied im KI-Ausschuss der Steuerberaterkammer Niedersachsen und Mitbegründer der Tax KI Community.

Bild: Adobe Stock/©Paniti

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