In dieser Episode von Steuerberatung Innovativ sprechen wir mit Steuerberater Carsten Schulz über die Zukunft der Steuerberatung und wie Digitalisierung und Innovationen unsere Branche transformieren. Wir blicken auf die Herausforderungen und Erfolge der digitalen Transformation in Steuerkanzleien, von papierlosen Büros bis hin zu KI-gestützten Prozessen. Besonders im Fokus: Wie können wir gemeinsam Innovationen finanzieren und nutzen, um nicht nur effizienter zu arbeiten, sondern auch den Berufsstand zu stärken?
Ein früher Start in die digitale Welt
Die Reise begann im Jahr 2004, als StB Carsten Schulz und StBin Silke Henniges beschlossen, die Kanzlei neu auszurichten. „Damals entschieden wir uns für DATEV-ASP, also den Verzicht auf eigene Server“, erinnert sich Schulz. Die Idee, IT-Sourcing auszulagern, war zu dieser Zeit neu und stieß zunächst auf gemischte Reaktionen: „Meine damaligen Partnerinnen hielten die monatlichen Kosten für hoch, doch wir wussten, dass es langfristig die bessere Lösung war.“ Diese Entscheidung legte den Grundstein für weitere Innovationen und sorgte dafür, dass sich die Kanzlei auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren konnte.
Ein Meilenstein: Das papierlose Büro
Ein zentraler Schritt war die Einführung von DATEV-DMS, des Dokumentenmanagementsystems. „Das war ein gewaltiger Umbruch. Wir mussten die Arbeitsweise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter komplett ändern“, so Schulz. Neben der Umstellung von Papierakten auf digitale Dokumente wurden zusätzliche Monitore eingeführt. Schulz erinnert sich: „Am Anfang dachten viele, es sei kompliziert. Aber nach sechs Monaten sagte jeder, dass wir nie wieder zurück wollen.“
Der Wechsel bedeutete auch, interne Prozesse zu dokumentieren und zu optimieren. „Das dauerte über zwei Jahre“, gibt Schulz zu. Doch dieser Aufwand lohnte sich: Die Suchzeiten wurden drastisch reduziert, und Informationen waren jederzeit verfügbar. Ein Vorteil, den auch Mandant:innen schnell zu schätzen wussten. „Früher mussten wir Dokumente suchen, heute sind sie per Klick verfügbar. Das spart nicht nur Zeit, sondern schafft Transparenz“, betont Schulz.
Die Herausforderung der Akzeptanz
Die Einführung neuer Technologien bedeutete für die Mitarbeitenden eine enorme Umstellung. „Es war wichtig, alle ins Boot zu holen und ausreichend Schulungen anzubieten“, sagt Schulz. Mit der Zeit erkannte das Team die Vorteile: Dokumente waren schneller auffindbar, und die Arbeit wurde effizienter. „Der Moment, als wir erstmals ortsunabhängig auf Akten zugreifen konnten, war ein Gamechanger“, erinnert er sich.
Schulz betont, dass Digitalisierung nicht nur technische, sondern auch kulturelle Veränderungen erfordert. „Die Prozesse mussten neu gedacht und konsequent dokumentiert werden. Das hat uns nicht nur bei der Digitalisierung geholfen, sondern auch unsere Effizienz gesteigert.“
Von der Einzelkanzlei zur HSP-Gruppe
Aus der digitalen Transformation erwuchs eine Idee: Warum sollten nicht andere Kanzleien von den gemachten Erfahrungen profitieren? „Viele Kolleg:innen fragten, ob sie unsere Prozesse übernehmen könnten“, berichtet Schulz. Doch anstatt als Berater aufzutreten, entschied er sich, eine Allianz zu gründen. „Heute sind wir fast 100 Kanzleien, die Wissen und Ressourcen teilen. Das ermöglicht uns, Projekte zu stemmen, die allein nicht machbar wären.“
Ein zentraler Vorteil dieser Zusammenarbeit ist die Skalierbarkeit. Prozesse, die in einer Kanzlei erfolgreich getestet wurden, können unkompliziert auf andere übertragen werden. „Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Geld“, erklärt Schulz. Durch diese Kooperation konnte die HSP-Gruppe beispielsweise innovative Lösungen im Bereich des Dokumentenmanagements und der Buchhaltung schneller umsetzen.
Der nächste Schritt: Automatisierung und KI
Trotz aller Fortschritte sieht Schulz weiterhin Optimierungspotenzial. „Unser Traum ist es, eine automatisierte Buchhaltung zu entwickeln, die zum Monatsultimo jahresabschlussreif ist“, erklärt er. Besonders Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine entscheidende Rolle. „Wir nutzen bereits GPT-Enterprise von OpenAI und entwickeln Lösungen, die speziell auf die Bedürfnisse von Steuerkanzleien zugeschnitten sind.“
Die größte Herausforderung bleibt dabei der Datenschutz. „Als Berufsgeheimnisträger müssen wir sicherstellen, dass alle Daten sicher verarbeitet werden“, so Schulz. Dennoch ist er überzeugt, dass der Weg richtig ist: „Wir müssen uns trauen, neue Technologien zu nutzen, um effizienter zu werden und Mandant:innen besser beraten zu können.“
Gemeinsam stärker: Eine Entwicklungsallianz
Für die Zukunft plant Schulz, innovative Kanzleien in einer Entwicklungsallianz zu vereinen. „Das Ziel ist es, Ressourcen zu bündeln und gemeinsam Lösungen zu entwickeln“, erklärt er. Diese Zusammenarbeit soll nicht nur die Digitalisierung vorantreiben, sondern auch verhindern, dass externe Anbieter die Wertschöpfung abschöpfen. „Wir wollen, dass die Entwicklungen in den Kanzleien bleiben und nicht zu hohen Kosten von außen zugekauft werden müssen.“
Durch diese Allianz könnten auch Lizenz- und Entwicklungskosten gesenkt werden. „Gemeinsam können wir bessere Konditionen aushandeln und Innovationen schneller vorantreiben“, so der Steuerberater.
Fazit: Digitalisierung als kontinuierlicher Prozess
Die Erfahrungen von Carsten Schulz zeigen, dass Digitalisierung kein Projekt mit Endpunkt ist, sondern ein fortlaufender Prozess. „Es gibt immer neue Herausforderungen und Möglichkeiten“, sagt er. Mit einer klaren Vision und der Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, können Steuerberater:innen nicht nur effizienter arbeiten, sondern auch ihren Mandant:innen einen echten Mehrwert bieten.
Schulz ist überzeugt, dass die Branche von einer engeren Zusammenarbeit profitieren wird. „Gemeinsam können wir die Digitalisierung nicht nur effizienter gestalten, sondern auch sicherstellen, dass der Berufsstand weiterhin die Hoheit über zentrale Prozesse behält.“

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Ulf Hausmann ist Kanzleiberater und systemischer Organisationsberater und Coach. Er war zehn Jahre Marketingleiter von Ecovis und begleitet Kanzleien in Strategie, Führung und Organisationsentwicklung. Er ist Autor und Seminarleiter für unternehmerische Themen in Steuerkanzleien, Mitglied im KI-Ausschuss der Steuerberaterkammer Niedersachsen und Mitbegründer der Tax KI Community.
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