

Eine strukturierte Jahreszielplanung ist ein wichtiger Erfolgsbaustein für ein planvolles gemeinsames Handeln im Team – sie ist strategisch ausgerichtet weg vom Tagesgeschäft. Langfristig erfolgreich und zukunftsfähig zu bleiben bedarf Klarheit und Aufmerksamkeit auf das Wichtige. In Steuerkanzleien, wo sich oft Dringendes vor Wichtiges schiebt, ist die Fokussierung auf Ziele und Entwicklungen wichtig.
Durch fortschreitende Digitalisierung, Fachkräftemangel und neuen komplexeren Mandantenanforderungen stehen wir täglich vor neuen Herausforderungen. Eine ehrliche Bestandaufnahme und wachstumsorientierte Planung geben den richtigen Kurs zur gemeinsamen Zielrichtung des Teams vor. Doch warum ist die Jahreszielplanung so wertvoll, und wie setzt man sie erfolgreich um? Dieser Artikel gibt einen ersten Überblick.
Warum eine Jahreszielplanung?
Die Jahreszielplanung bietet zahlreiche Vorteile:
- Klare Zielsetzung: Durch das gemeinsame Festlegen von Zielen schaffen Steuerkanzleien eine klare Ausrichtung für das kommende Jahr. Dies hilft, besser auf Mandantenbedürfnisse einzugehen und strategische Entscheidungen zu treffen. Bewährt hat sich die ABC-Mandantenanalyse auch hinsichtlich Branchenzugehörigkeit.
- Teamzusammenhalt: Die Einbindung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördert das Gemeinschaftsgefühl und stärkt das Bewusstsein für die eigene Rolle im Team. Ein positiver Meeting-Check-In unter Beteiligung aller und ein ebensolches Check-Out ist das Mindeste, um die persönliche Interaktion aller zu sichern.
- Strukturiertes Vorgehen: Prozesse und Abläufe können gezielt optimiert werden, was die Effizienz steigert und Zeit für wertschöpfendere Aufgaben freisetzt. Hier sind Themen wie Durchlaufzeiten von Jahresabschlüssen, Terminsetzungen für die Erreichung von quotale Zielen (z. B. 90 Prozent Erstellungsquote Bilanzen zum 30.9.) und der Einsatz von Schnittstellen hilfreich.
- Motivation und Bindung: Durch gemeinsame Entscheidungen und Erfolge steigt die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, während die emotionale Bindung an das Unternehmen gestärkt wird. Dabei ist der emotionale Anteil wichtig. In einer angstfreien Organisation kann sich Wachstum entfalten. Sorgen und Skepsis gehören auch zum Leben. Mit diesem Bewusstsein entscheidet die Führung intuitiv, welche Themen besprochen werden sollten. Wovon wollen wir mehr? Was wollen wir nicht mehr? Wo geht die Reise hin?
- Zukunftsfähigkeit: Kanzleien, die bewusst planen, vermeiden es, sich von Zufällen treiben zu lassen, und gestalten aktiv ihre Zukunft. Insbesondere in einer Branche, die sich durch die fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung stark wandelt, ist dies entscheidend. Natürlich gestalten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre eigene Zukunft und tragen mit ihrer Arbeit auch der Zukunftssicherung unserer Mandantschaft.
Bestandteile einer Jahresplanung
Eine erfolgreiche Jahresplanung umfasst mehrere Schritte:
1. Check-In
- Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin teilt etwas Persönliches mit der Gruppe
- Praxistipp: Mit Bildern / Check-In-Generator / Ü-Eier-Bastel-Aktion u. v. m.
2. Rückblick auf das vergangene Jahr:
- Was wurde erreicht, welche Ziele blieben unerreicht, und warum?
- Gibt es Optimierungspotenziale in den Prozessen oder in der Kommunikation mit der Mandantschaft?
- Wie war die Zusammenarbeit im Team und wie erfolgreich war die Digitalisierung der Abläufe?
3. Analyse der aktuellen Situation:
- Passt die Kanzlei noch zu den aktuellen Anforderungen des Marktes?
- Was sind die Herausforderungen und Chancen stehen bevor? Zum Beispiel: Wie kann die Kanzlei besser auf den Bedarf nach digitaler Buchführung und der Beratung zur E-Rechnung reagieren?
4. Ziele definieren:
- Zerlegen Sie die Hauptziele in konkrete, umsetzbare Schritte. Zum Beispiel: Einführung eines digitalen Mandantenportals, Schulung des Teams in neuen Softwaretools oder Optimierung der internen Workflows.
- Weisen Sie Verantwortlichkeiten klar zu.
5. Gruppenarbeit und Austausch:
- Lassen Sie kleine Teams an spezifischen Themen arbeiten und die Ergebnisse präsentieren. Dies könnte die Verbesserung des Mandantenservices oder die Integration neuer Technologien betreffen. Wählen Sie die Aufgabenstellung so konkret wie möglich.
- Nutzen Sie die Vielfalt der Perspektiven im Team. Achten Sie darauf, dass wirklich jeder an einem Thema beteiligt ist.
6. Verankerung/ Visualisierung:
- Eine gute Unterstützung der Absichtserklärungen ist eine Alltagsintegration über etwas „Greifbares“ oder Visualisierung. Eine greifbare Erinnerung an die Ziele, wie eine Tasse, ein Bild, eine Collage/Vision-Board oder ein „Ziele-Baum", um diese im Alltag sichtbar zu machen. Digitale Dashboards können ebenfalls hilfreich sein, um Fortschritte zu tracken.
Jahreszielbaum, Beispiel zur Visualisierung aus der Steuerberatungsgesellschaft von Ines Scholz
7. Festlegen eines Jahresmottos:
- Ein Leitthema kann helfen, den Fokus zu bewahren. Es sollte ambitioniert, aber realisierbar sein.
- Wie wäre es mit „Persönlich digital“- „Mandantennutzen 4.0“, „Keine Macht den Zeitdieben“?
Nach der Zielplanung ist vor der Zielplanung:
8. Regelmäßiges Feedback:
- Überprüfen Sie kontinuierlich, ob die geplanten Ziele realisiert werden, und passen Sie bei Bedarf an. Feedback-Meetings können quartalsweise eingeplant werden, um den Fortschritt zu bewerten.
Herausforderungen in Steuerkanzleien
Besonders Steuerberaterinnen und Steuerberater stehen vor spezifischen Herausforderungen, die in der Jahresplanung berücksichtigt werden sollten:
- Digitalisierung: Viele Mandanten erwarten mittlerweile digitale Lösungen. Kanzleien sollten prüfen, ob ihre IT-Infrastruktur und ihre Prozesse auf dem neuesten Stand sind oder ob sie sich mit vielen komplizierten Lösungen und mangelnden Vereinbarungen zu deren Anwendung ins „Digilemma“ manövriert haben. Digitale Bescheide und komplett neue Workflows sind Tagesgeschäft.
- Fachkräftemangel: Eine klare Jahresplanung kann dabei helfen, die vorhandenen Ressourcen effizient einzusetzen. Transparenz schafft Klarheit. Die Förderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Weiterbildungsmaßnahmen sowie die Schaffung von Verbindlichkeit im Alltag durch Strukturen und Regelterminen tragen zur positiven Kanzleientwicklung bei.
- Mandantenbindung: Steuerkanzleien können sich durch umfassende persönliche Beratung treue Kunden sichern. Dazu gehört heute auch das Erwartungsgespräch mit den Mandantinnen und Mandanten: Was ist für das neue Jahr geplant? Was braucht die Mandantschaft von uns? Moderne Dienstleistungen wie eine digitale Kollaborationsplattform runden das Servicekonzept ab und sorgen für Mandantenzufriedenheit.
Tipps zur erfolgreichen Umsetzung
Damit die Jahresplanung zu einem nachhaltigen Erfolg wird, sind einige Punkte zu beachten:
- Frühe Terminierung: Der beste Zeitpunkt für die Jahresplanung ist im November oder Dezember. So kann das neue Jahr direkt produktiv gestartet werden. Auch Anfang des Jahres ist ein Auftakt möglich – je länger die Dynamik der Jahreszielplanung im Unternehmen anhält, desto überzeugter ist man von ihrer Wirkung. Nehmen Sie sich Zeit und schaffen Sie einen angenehmen Rahmen. So kann die Jahresplanung z. B. auch in einer angemieteten Location stattfinden oder durch ein tolles Catering aufgewertet werden. Auch kleine „Gastgeschenke“, mit denen das Jahresmotto dauerhaft auf dem Schreibtisch sichtbar bleibt, kommen gut an.
- Moderation: Eine neutrale Moderation sorgt für Struktur und einen offenen Austausch. Hierbei kann auch ein externer Moderator hilfreich sein. Dieser kann z. B. als Mediator auch auf Ängste und Sorgen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingehen.
- Einbindung des gesamten Teams: Sorgen Sie dafür, dass sich jeder einbringen kann. Dies schafft Akzeptanz und Identifikation mit den Zielen. Ein einfacher Check-In mit Fragen z. B. nach dem aktuellen Lieblingslied und den mitgebrachten Fragen kann zu Beginn die Stimmung lockern und alle auf den gemeinsamen Tag einstimmen.
- Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Nichts ist in Stein gemeißelt – passen Sie die Ziele und Agenda bei Bedarf an. Die Jahresplanung lebt vom Austausch und der gemeinsamen Entwicklung einer Zielrichtung.
- Digitalisierung nutzen:
- Setzen Sie Tools wie Trello, Asana, Kajabi oder Microsoft Teams ein, um Ziele und Fortschritte transparent zu dokumentieren.
- Nutzen Sie Flipcharts, Post-Its, digitale Whiteboards für die Visualisierung und Zusammenarbeit.
Beispiel: Digitalisierung als Jahresmotto
Ein konkretes Beispiel zeigt, wie eine Kanzlei ihre Jahresplanung auf das Thema Digitalisierung ausrichten kann:
- Zielsetzung: Die Kanzlei möchte ihre internen Prozesse auf aktuellen Stand bringen und den Mandantenservice mittels einer kollaborativen Plattform z. B. Cheftresor verbessern.
- Schritte:
- Kundenwünsche anhand von „Personas “identifizieren
- Vorstellung und Nutzen des neuen digitalen Arbeitsprozesses durch „Pilotfall“ / Mandanten-Demo z. B. von Cheftresor
- Strukturierung, Preisentscheidung und Festlegung der Auftragsklärung hinsichtlich der neuen Dienstleistung
- Prüfung von Prozessen für die effiziente Bearbeitung innerhalb der Kanzlei
- Schulungstermine z. B. mit externen Beratern oder im Rahmen der Qualitätssicherung planen
- Überwachung Projektfortschritt vereinbaren und Optimierung der internen Kommunikation über Projekterfolge
- Messbarkeit: Erfolg wird durch KPIs – wie die Anzahl digital abgewickelter Mandate oder die durchschnittliche Bearbeitungszeit pro Mandat monatlich gemessen. Gerne über OKR oder BalancedScorecard in einem System zusammengefasst.
- Visualisierung: Ein digitales Dashboard zeigt den Fortschritt in Echtzeit an.
- Feedback: Quartalsweise Meetings zur Evaluation und Anpassung.
Fazit: Herausforderungen strategisch angehen
Eine Jahresplanung ist ein wertvolles Werkzeug, um die Zukunft einer Steuerkanzlei aktiv zu gestalten. Sie schafft Klarheit, stärkt den Teamgeist und sorgt dafür, dass Ziele nicht nur formuliert, sondern auch erreicht werden. Mit einer guten Vorbereitung, einer klaren Struktur und der Einbindung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann sie ein echtes Erfolgserlebnis für das gesamte Team werden.
Besonders in Zeiten des digitalen Wandels bietet die Jahresplanung die Möglichkeit, strategisch auf neue Herausforderungen zu reagieren und Wettbewerbsvorteile zu sichern. Beginnen Sie jetzt, Ihre Jahresplanung zu einem festen Ritual zu machen – die Ergebnisse werden Sie überzeugen! Es lohnt sich.
Fünf Prozesse, die jede Steuerkanzlei digitalisieren sollte
Die neue Spezialausgabe des Tax Tech-Magazins stellt fünf Prozesse vor, die durch digitale Lösungen nachhaltig optimiert werden können – vom Neumandatsprozess über die Belegverarbeitung bis hin zur digitalen Mandantenkommunikation.
Ines Scholz ist seit 23 Jahren selbständige Steuerberaterin mit einer Spezialisierung auf Digitalisierung und Controlling im Schwerpunkt der Beratung von Pflege- und Gesundheitsunternehmen. Mit der von ihr entwickelten Software-Cloud-Lösung Cheftresor steht dieser Controllingservice auch anderen Kanzleien als Plattform-Lösung für 24/7-Mandantenservice und Prozesseffizienz zur Verfügung. Mehr auf www.ines-scholz.de
- Ines Scholzhttps://tax-tech.de/autor/ines-scholz/