E-Rechnungs-Tools

Die E-Rechnung wird zur neuen Normalität und betrifft Unternehmen aus verschiedenen Branchen mit unterschiedlichen Anforderungen. Steuerkanzleien stehen vor der Herausforderung, ihre Mandant:innen nicht nur bei der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu unterstützen, sondern auch die passenden digitalen Lösungen für effiziente Rechnungsprozesse zu empfehlen. Die Wahl des richtigen Tools ist dabei entscheidend, um eine reibungslose Integration in die bestehenden Buchhaltungsprozesse zu ermöglichen.

Die zentrale Frage lautet also: Welche E-Rechnungslösung ist für welche Mandant:innen geeignet? Die Anforderungen variieren stark – von kleinen Selbstständigen mit einfachen Rechnungsvorgängen bis hin zu Unternehmen mit komplexen Freigabeprozessen und mehreren Vorsystemen. Steuerberater:innen, die sich hier strategisch positionieren, können nicht nur ihre Mandant:innen optimal unterstützen, sondern auch ihre eigene Effizienz steigern. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick über relevante E-Rechnungstools und zeigt auf, worauf Kanzleien bei der Auswahl achten sollten.

1. Anforderungen an E-Rechnungs-Tools

Die Auswahl eines geeigneten E-Rechnungstools erfordert eine Betrachtung sowohl der gesetzlichen Vorgaben als auch der individuellen Anforderungen der Mandantschaft. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:

1.1 Gesetzliche Vorgaben

Um die erste gesetzliche Anforderung durch die E-Rechnungspflicht zu erfüllen, müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie E-Rechnungen empfangen können. Eine einfache E-Mail-Adresse kann dabei bereits ausreichen. Ein zentraler Rechnungseingang über eine speziell eingerichtete Adresse wie rechnung@maxmustermanngmbh.de ist jedoch empfehlenswert, da er sicherstellt, dass alle relevanten Personen Zugriff auf die eingehenden Rechnungen haben und diese nicht in individuellen Postfächern übersehen werden. In vielen Fällen stellen Dienstleister Rechnungen über spezielle Online-Portale bereit, was den manuellen Download erforderlich macht. Hier kann der Einsatz von Softwarelösungen sinnvoll sein, die Rechnungen automatisiert abrufen und zentral speichern (z. B. Invoicefetcher und GetMyInvoices). Auch wenn der Rechnungseingang nicht zwingend softwaregestützt sein muss, sollte er als wichtiger Aspekt in der Beratung der Mandantschaft berücksichtigt werden.

Nach dem Erhalt einer E-Rechnung spielt die Visualisierung eine entscheidende Rolle, solange eine vollständig automatisierte Rechnungsprüfung noch nicht etabliert ist. Da die E-Rechnung primär als strukturierter Datensatz vorliegt, kann sie nicht einfach wie eine Papier- oder PDF-Rechnung gelesen werden. Daher sollte eine geeignete Software eine visuelle Darstellung der E-Rechnungsdaten ermöglichen. Zusätzlich ist eine Validierungsfunktion essenziell, um Fehler frühzeitig zu erkennen und sicherzustellen, dass alle notwendigen Daten gemäß der europäischen Norm EN 16931 korrekt und vollständig sind. Dabei sollten nicht nur deutsche Standards wie XRechnung oder ZUGFeRD unterstützt werden, sondern auch internationale Formate wie Factur-X aus Frankreich, um zukünftig eine möglichst breite Kompatibilität mit verschiedenen Geschäftspartnern sicherzustellen. Abschließend ist eine revisionssichere Archivierung des strukturierten Teils der E-Rechnung im Sinne der GoBD erforderlich.
Eine leistungsfähige E-Rechnungslösung sollte diese Funktion standardmäßig bieten, sodass keine zusätzliche Software für die gesetzeskonforme Archivierung notwendig wird.

1.2      Branchenspezifische Kriterien

Die Anforderungen an E-Rechnungstools variieren je nach Branche erheblich. Bau- und Handwerksbetriebe beispielsweise stehen vor besonderen Herausforderungen bei der Einführung der E-Rechnung. Besonders relevant ist die korrekte Abbildung von Anzahlungs- und Restrechnungen, da mit der neuen Struktur der E-Rechnung Endrechnungen nicht mehr wie bisher erfasst werden können. Laut Bundesfinanzministerium ist eine vollständige Endrechnung im strukturierten Teil der E-Rechnung derzeit nicht darstellbar, weshalb vorübergehend die Kombination aus E-Rechnung und einem unstrukturierten Anhang zugelassen ist.

Unternehmen aus dem B2C-Bereich, wie Metzgereien oder Bäckereien, sind hingegen primär auf den effizienten Empfang und die Verarbeitung eingehender E-Rechnungen angewiesen, benötigen aber gelegentlich auch eine Möglichkeit zur Ausstellung von E-Rechnungen für Geschäftskunden. Auch für gewerbliche Vermieter:innen ergeben sich neue Anforderungen: Bei Mietverträgen, die bisher als Dauerrechnungen galten, muss nun einmalig eine E-Rechnung erstellt werden.

Zusätzlich können in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten im Umgang mit bestimmten E-Rechnungsformaten auftreten: Eine Hausverwaltung, die eine XRechnung erhält, steht beispielsweise vor der Herausforderung, diese in einer Eigentümerversammlung verständlich darzustellen, da XRechnungen ausschließlich als XML-Datensätze existieren und keine visuelle Lesbarkeit bieten.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass Steuerberater:innen bei der Auswahl geeigneter E-Rechnungstools nicht nur technische Anforderungen berücksichtigen sollten, sondern auch den praktischen Umgang mit spezifischen Branchenproblemen im Blick haben müssen.

1.3 Prozessuale und technische Kriterien

Nicht jedes Unternehmen benötigt zwingend eine neue Software. Oft genügt es, bestehende Systeme zu erweitern oder anzupassen. Wenn eine Warenwirtschaftssoftware bereits im Einsatz ist, kann es ausreichen, neue E-Rechnungsfunktionen zu aktivieren. Ist das nicht möglich und wird eine zusätzliche Lösung benötigt, sollte die Schnittstellenfähigkeit der Systeme sorgfältig geprüft werden, um redundante Tätigkeiten zu vermeiden. Falls Freigabeprozesse im Unternehmen eine große Rolle spielen, ist es wichtig, dass das gewählte E-Rechnungstool mehrstufige Freigabemechanismen bietet. Unternehmen mit hohem Dokumentenvolumen profitieren möglicherweise stärker von einem Dokumentenmanagementsystem (DMS) als von einer reinen Rechnungssoftware. Zudem sollte eine Lösung Automatisierungsfunktionen bieten, um manuelle Tätigkeiten zu reduzieren und die Effizienz zu steigern. Benutzerfreundlichkeit ist ein weiterer zentraler Aspekt: Eine intuitive Bedienung erleichtert die Akzeptanz bei Mandant:innen und Kanzleimitarbeitenden. Schließlich ist die Integration in die Buchhaltungssoftware der Kanzlei entscheidend, um doppelte Erfassungen zu vermeiden und den digitalen Prozess durchgängig zu gestalten.

Kriterium

Beschreibung

Gesetzliche Anforderungen


Branchenspezifische Anforderungen


Softwareanbindung & Integration


Automatisierung


Freigabeprozesse


Benutzerfreundlichkeit

Unterstützung von EN 16931-konformen Rechnungsformaten, Validierung und revisionssichere Archivierung.


Abbildung spezifischer Anforderungen wie Anzahlungs- und Endrechnungen im Baugewerbe oder Vertragsrechnungen in der Immobilienbranche.


Nutzung vorhandener Systeme durch Aktivierung von E-Rechnungsfunktionen oder Anbindung neuer Lösungen per Schnittstellen.


 

Workflows zur Minimierung manueller Tätigkeiten, z. B. automatische Rechnungsverarbeitung und Belegerfassung.

 

Unterstützung mehrstufiger Freigaben für Unternehmen mit komplexen internen Prüfabläufen.


Intuitive Bedienung für eine einfache Nutzung durch Mandantschaft und Kanzleimitarbeitende.

2. Vergleich von E-Rechnungstools

Die Auswahl eines geeigneten E-Rechnungstools hängt also stark vom Einsatzzweck und den Gegebenheiten im Unternehmen ab. Während einige Lösungen speziell auf den Kreditorenprozess ausgerichtet sind, fokussieren sich andere auf die Abwicklung von Ausgangsrechnungen. Zudem gibt es All-in-One-Lösungen, die beide Bereiche abdecken. In diesem Kapitel werden einige relevante Tools vorgestellt – jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit, da die Auswahl stark von den individuellen Anforderungen und Prozessen eines Unternehmens abhängt.

2.1 Kreditorenprozess (Eingangsrechnungen)

Mit der ab 1.1.2025 geltenden Pflicht zum Empfang von E-Rechnungen müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Systeme und Prozesse entsprechend auf den Empfang und die praktische Verarbeitung von E-Rechnungen ausgerichtet sind.

Besonders verbreitet ist DATEV Unternehmen Online, das eine einfache Lösung zur Verarbeitung von Rechnungen, der Bereitstellung an die Steuerkanzlei und die Integration der Bank für Zahlungen und Offene Posten bietet. Eine moderne Alternative ist Candis, das frühzeitig mit einem konfigurierbaren Rechnungsfreigabeprozess aufwartete und einige zusätzliche Funktionen über DATEV Unternehmen Online hinaus bietet. Unternehmen, die eine Software zur Rechnungsverarbeitung nutzen, aber keine integrierten Freigabeprozesse benötigen, können auf dedizierte Lösungen wie Flowwer zurückgreifen, die eine effiziente strukturierte Rechnungsprüfung ermöglichen.

Bei allen Lösungen sollte darauf geachtet werden, dass Schnittstellen zu den vor- und nachgelagerten Systemen bestehen – also beispielsweise von der Rechnungsprüfungssoftware des Mandanten/der Mandantin in die Buchhaltungssoftware der Kanzlei.

2.2 Software für Rechnungseingang und -ausgang

Viele Unternehmen nutzen bereits ERP- oder Warenwirtschaftssysteme, die oftmals Funktionen zur Erstellung von E-Rechnungen anbieten. Bei kleineren Unternehmen ist dies nicht immer der Fall. Hier dominieren oft Word und Excel die Rechnungsschreibung. In diesem Fall können Lösungen sinnvoll sein, die sowohl E-Rechnungen erstellen als auch eingehende Rechnungen verarbeiten.

Bekannte Beispiele mit Fokus auf Selbstständige und kleine Unternehmen sind Lexware Office und Easybill– moderne und intuitive Cloud-Lösungen, die Angebotserstellung, Rechnungsschreibung, Bankintegration, Rechnungsverarbeitung und mehr ermöglichen. Sie bieten eine gesetzeskonforme E-Rechnungserstellung sowie eine revisionssichere Archivierung und sind eine effiziente Alternative für Unternehmen, die keine vollständigen ERP-Systeme nutzen möchten. Beide Lösungen verfügen über Schnittstellen zu gängigen Kanzleisoftware-Anbietern, was die Erstellung der Finanzbuchhaltung in der Kanzlei erheblich erleichtert.

Wenn ein:e Unternehmensmandant:in bereits DATEV Unternehmen Online zur Rechnungsverarbeitung nutzt und eine Lösung zur Rechnungserstellung benötigt, bietet DATEV Auftragswesen Next eine einfache, wenn auch in den Funktionen weniger umfangreiche Alternative zur Erstellung konformer E-Rechnungen.

2.3 Banking-FinTechs

Zunehmend drängen auch FinTechs wie Kontist, FINOM oder Qonto in den Markt und erweitern ihr Angebot um Funktionen zur Rechnungsschreibung und -verarbeitung. Diese Neobanken entwickeln sich zunehmend zu All-in-One-Finanzlösungen, die Geschäftskonten, Kreditkarten, Cashflow-Management und Rechnungsverwaltung auf einer Plattform vereinen. Qonto bietet beispielsweise eine integrierte E-Rechnungslösung mit über 15.000 Schnittstellen, darunter DATEV, um Unternehmen eine nahtlose Anbindung an die Buchhaltung zu ermöglichen. FINOM, mittlerweile mit eigener Bankenlizenz, wirbt gezielt mit der schnelleren Zahlungsabwicklung durch die Automatisierung des E-Rechnungsprozesses.

Der Vorteil für Unternehmen liegt auf der Hand: Weniger Tools bedeuten weniger Verwaltungsaufwand, reduzierte Kosten und eine effizientere Rechnungsbearbeitung. Diese Entwicklung zeigt, dass Banking und Rechnungswesen zunehmend verschmelzen – eine Überlegung, die auch für Steuerkanzleien relevant ist, wenn es um die Empfehlung passender Lösungen geht.

2.4 Kostenlose Alternativen

Neben den kostenpflichtigen Lösungen gibt es kostenlose Software zur Visualisierung und Validierung von XRechnung und ZUGFeRD sowie zur Erstellung von E-Rechnungen. Quba bietet beispielsweise einen kostenlosen E-Rechnungs-Viewer für Windows, Linux und Mac. Staatliche Lösungen wie Elster Online oder das Bayerische Visualisierungstool sind ebenfalls verfügbar, allerdings nur für das Format XRechnung und nicht für hybride Formate wie ZUGFeRD. Mit PDF24 oder XRechnung erstellen gibt es zudem Anbieter, mit deren Tools kostenlos E-Rechnungen erstellt werden können. Eine interessante Cloud-Alternative ist InvoicePony, ein KI-gestütztes Tool zur Konvertierung bestehender PDFs in E-Rechnungen.

Der Nachteil solcher kostenlosen Tools: Sie decken meist nur einen spezifischen Prozessschritt ab und sind nicht ohne Weiteres in andere Software integrierbar, was zusätzliche manuelle Tätigkeiten nach sich zieht. Zudem fehlt bei diesen Lösungen oft eine revisionssichere Archivierung, die für die GoBD-Konformität erforderlich ist.

3. DATEV E-Rechnungsplattform – Ein Ausblick

Die DATEV E-Rechnungsplattform bietet Unternehmen eine zentrale Lösung für den Empfang und Versand von E-Rechnungen. Sie ist mit Netzwerken wie TRAFFIQX und PEPPOL verbunden und ermöglicht dadurch den direkten und sicheren Austausch von Rechnungen. Falls ein Geschäftspartner nicht über diese Netzwerke erreichbar ist, erfolgt der Versand per E-Mail. Der Rechnungsempfang über E-Mail ist ebenfalls möglich, erfordert jedoch die Nutzung einer eindeutigen, automatisch generierten kryptischen E-Mail-Adresse. Zusätzlich bietet die Plattform eine einfache Funktion zur Erstellung von E-Rechnungen, insbesondere für Unternehmen, die nur gelegentlich elektronische Rechnungen ausstellen müssen. Allerdings fehlt aufgrund des Postfach-Charakters eine revisionssichere Archivierung, sodass für eine GoBD-konforme Aufbewahrung eine separate Lösung erforderlich ist.

Um die Postfach-Funktion automatisiert zu nutzen, sind bereits die DATEV-Produkte Unternehmen Online und Auftragswesen Next kompatibel. Künftig sollen auch weitere Rechnungssoftware-Anbieter aus dem DATEV-Marktplatz eingebunden werden, um die Plattform nahtlos in bestehende Systeme zu integrieren.

Derzeit eignet sich die Plattform insbesondere für Unternehmen mit hohem Rechnungsaufkommen über TRAFFIQX oder PEPPOL sowie für Betriebe, die nur wenige E-Rechnungen erstellen und bereits über eine separate Archivierungslösung verfügen. Perspektivisch könnte die Plattform eine Schlüsselrolle spielen, sollte sich der digitale Rechnungsverkehr weiter in Richtung zentraler Plattformen und Netzwerke entwickeln. Insbesondere wenn DATEV zukünftig als Provider für die verpflichtende E-Rechnungsmeldung an die Finanzämter fungiert, könnte die Plattform für viele Unternehmen strategisch an Bedeutung gewinnen.

Das neue FAQ für Steuerkanzleien liefert Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Umstellung und Anwendung.

Johannes Franz
Weitere Beiträge

Johannes Franz unterstützt Steuerkanzleien dabei, ihre Produktivität durch gezielte Digitalisierung und Automatisierung zu steigern – und damit zukunftssicher aufzustellen. Nach dem Studium der Organisationsentwicklung arbeitete er als Junior-Berater mit dem Schwerpunkt Reorganisation von Steuerkanzleien. Anschließend war er als Leiter IT & Digitalisierung bei der mittelständischen Steuerberatungsgesellschaft Acconsis tätig. Mit seiner Dienstleistung Chief Digital Officer as a Service (CDOaaS) hilft er Steuerberater:innen, die ihre Kanzlei digitalisieren wollen, im Kanzleialltag aber keine Zeit dazu finden.

Bild: Adobe Stock/pixelplus

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