Flexibilität und Mut zur Veränderung spielen derzeit eine besonders große Rolle in der Steuerberatung. Bärbel Metzger, eine Steuerberaterin, die seit Jahren ihre eigene Kanzlei betreibt, hat sich nicht nur selbstständig gemacht, sondern verfolgt auch innovative Ansätze, um ihr Geschäft den aktuellen und zukünftigen Anforderungen anzupassen. Im Interview spricht sie darüber, wie sie zur One-Woman-Show wurde, warum die richtige Mandantenauswahl wichtig ist und welche Rolle Digitalisierung und Automatisierung in ihrer Arbeit spielen.

Vom Sprung ins kalte Wasser zur One-Woman-Kanzlei

Bärbel Metzger hat den Weg in die Selbstständigkeit nicht mit einem klaren Plan begonnen, sondern ist einfach „reingesprungen“, wie sie es beschreibt. „Ich habe ganz viele Dinge ausprobiert und viele Wege gefunden, wie es nicht so optimal funktioniert“, erinnert sie sich. Durch diese Erfahrungen entwickelte sie ihren eigenen Weg und fand heraus, dass die klassische Form des Angestelltendaseins nicht zu ihr passte. „Ich wollte einfach mehr Freiheiten haben und nicht in einem starren Rahmen arbeiten.“

Erste Schritte: Mandanten durch Empfehlungen und Netzwerke bilden

Wie viele Selbstständige begann Metzger mit Mandant:innen aus ihrem privaten Umfeld – Familie, Freund:innen und Bekannte. In den frühen 2010er Jahren war der Markt noch anders als heute, sodass sich ihr Mandantenstamm vor allem durch Empfehlungen entwickelte.

Besonders wichtig war für sie von Beginn an der Austausch mit anderen Steuerberaterinnen und Steuerberatern. Da sie ursprünglich aus der Finanzverwaltung kam, nutzte sie den Steuerberaterverband, um sich mit Kolleginnen und Kollegen zu vernetzen. Diese Kontakte eröffneten ihr neue Perspektiven und halfen ihr, ihren Horizont in der Steuerbranche zu erweitern. „Der Austausch mit Kollegen war enorm wichtig, weil ich zu Beginn kaum Erfahrungen in der Steuerberatung hatte. So konnte ich lernen und mich entwickeln.“

Die richtige Mandantenauswahl und spezialisierte Dienstleistungen

Einen zentralen Punkt in ihrer Entwicklung sieht Metzger in der Auswahl ihrer Mandantschaft. Während sie anfangs jede Art von Mandat annahm, bemerkte sie, dass nicht alle Mandant:innen zu ihrer Arbeitsweise passten. „Ich habe festgestellt, dass es bei mir menschlich mit vielen Branchen nicht so gut matcht“, erläutert sie. Im Laufe der Zeit zog sie immer mehr Coaches, Berater:innen und spirituelle Begleiter:innen als Mandant:innen an, die auf eine intensive und persönliche Betreuung Wert legen.

Die Erfahrung zeigte, dass räumliche Distanz kein Hindernis ist. Sie richtet ihre Kanzlei vollständig digital aus und nutzt eine externe Serverlösung, um von überall arbeiten zu können. Dies ermöglichte ihr eine Flexibilität, die sie schätzt: „Ich bin nicht ortsgebunden und das gibt mir einen riesigen Freiheitseffekt.“

Digitalisierung als Erfolgsfaktor

Metzger hat sich früh dafür entschieden, ihre Kanzlei digital zu führen. Durch den Einsatz von Buchhaltungssoftware wie Lexoffice können ihre Mandant:innen ihre Buchhaltung weitgehend selbst erledigen. „Meine Mandanten übernehmen viel mehr Verantwortung für ihr Business, weil sie täglich oder wöchentlich die Buchhaltung erledigen“, erklärt sie. Dies sorgt nicht nur für eine tiefere Einbindung der Mandant:innen in ihre eigenen Zahlen, sondern ermöglicht der Steuerberaterin auch, ohne Mitarbeitende auszukommen.

Dieser Schritt war für sie eine bedeutende Veränderung. Anstatt weitere Mitarbeitende einzustellen, ließ sie ihre Mandant:innen mitarbeiten. Durch Tutorials und E-Mail-Kurse bringt sie ihnen die Grundlagen der Buchhaltung bei. „Dadurch können sie sich tiefer mit ihren Finanzen auseinandersetzen, was wiederum die Qualität der Zusammenarbeit steigert“, erklärt sie.

Wachstum durch Spezialisierung und Coaching

Ein weiterer wichtiger Schritt in Metzgers Entwicklung war die Erkenntnis, dass sie sich mehr auf Coaching und Beratung konzentrieren möchte. Sie unterstützt ihre Mandant:innen nicht nur bei der klassischen Steuerberatung, sondern begleitet sie durch den Gründungsprozess oder in anderen unternehmerischen Entscheidungen. Diese individuelle Betreuung sieht sie als ihre Stärke, die sie in den kommenden Jahren weiter ausbauen möchte.

Für viele Gründer:innen, die beispielsweise aus der Arbeitslosigkeit kommen, bietet sie intensive Beratungen an, die weit über die reine Steuerberatung hinausgehen. „Manche schreiben Businesspläne nur, um eine Förderung zu erhalten. Ich helfe ihnen, den Businessplan als echten Grundstein für ihr Unternehmen zu nutzen“.

Zukunftsperspektiven in der Steuerberatung

Im Hinblick auf die Zukunft der Steuerberatung sieht Metzger große Chancen für die Branche, sich neu zu positionieren. Durch die Automatisierung und die zunehmende Nutzung von Künstlicher Intelligenz könnte sich die Rolle des Steuerberaters/der Steuerberaterin stark verändern. „Viele Kanzleien generieren einen Großteil ihres Umsatzes über Finanzbuchhaltungen. Das könnte auf Dauer schwierig werden“, warnt sie.

Metzger plädiert dafür, dass Steuerberater:innen sich mehr als Unternehmensbegleiter:innen verstehen sollten, anstatt sich ausschließlich auf die Verwaltung der Finanzen zu konzentrieren. „Das Vertrauen, das wir in unserer Branche aufbauen, ist essenziell – und das wird auch in einer Zukunft mit KI nicht verloren gehen“, ist sie überzeugt.

Fazit: Flexibilität und Digitalisierung als Schlüssel zum Erfolg

Bärbel Metzger zeigt eindrucksvoll, dass die Zukunft der Steuerberatung in der Spezialisierung und in digitalen Lösungen liegt. Mit ihrer flexiblen Arbeitsweise und ihrem Fokus auf individuelle Mandantenbetreuung hat sie ihre Kanzlei fit für die Zukunft gemacht. Sie sieht die Veränderungen durch Digitalisierung und Automatisierung nicht als Bedrohung, sondern als Chance. „Es ist eine Riesenchance für unseren Berufsstand, uns anders zu positionieren – als Unternehmensbegleiter:innen statt als rückwirkende Verwalter:innen“, fasst sie zusammen.

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Ulf Hausmann ist Kanzleiberater und systemischer Organisationsberater und Coach. Er war zehn Jahre Marketingleiter von Ecovis und begleitet Kanzleien in Strategie, Führung und Organisationsentwicklung. Er ist Autor und Seminarleiter für unternehmerische Themen in Steuerkanzleien, Mitglied im KI-Ausschuss der Steuerberaterkammer Niedersachsen und Mitbegründer der Tax KI Community.

Bild: Adobe Stock/©Paniti

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