
„Yes, we can!“, lauteten die ermutigenden Worte von Verbandspräsident Torsten Lüth bei der Eröffnungsveranstaltung des 47. Deutschen Steuerberatertags am 14. und 15. Oktober in Hamburg. Dieses Mal waren rund 1.000 Steuerberater:innen gekommen, um sich mit Kolleg:innen auszutauschen, die vielfältigen Fachvorträge zu besuchen und sich in der Fachausstellung über neue, überwiegend digitale Möglichkeiten zu informieren. Welchen Themen eine besondere Rolle zukam, und was die verpasst haben, die nicht dabei sein konnten, haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Die Veranstaltung begann mit einem eindringlichen Grußwort des DStV-Präsidenten Torsten Lüth, der die wichtigsten Themen der Branche auf den Punkt brachte.
Lüth kritisierte, dass sich steuerpolitisch wenig bewege und die nationale Anzeigepflicht – ein „bürokratisches Monster“, das seiner Meinung nach kaum Nutzen bringe – nicht eingeführt werden dürfe. Zudem betonte er die Notwendigkeit einer vollständigen Digitalisierung der Verwaltung. Derzeit hätten die verschiedenen Ministerien unterschiedliche Anforderungen, was den Steuerberater:innen das Leben unnötig erschwere. Zudem sprach er sich für eine Ausweitung der Fristverlängerungen für Steuerkanzleien aus.
Ein weiterer Fokus lag auf dem akuten Fachkräftemangel in der Branche. In einem vorab aufgezeichneten Gespräch mit Bundesfinanzminister Christian Lindner stellte Lüth auch konkrete Forderungen an die Politik: Um gegen den Fachkräftemangel vorzugehen, sei es an der Zeit, die Ausbildungsordnung anzupassen und das Steuerberaterexamen zu reformieren.
In einem anschließenden Panel zum Thema Fachkräftemangel für die Steuerberatung gewinnen wurden die Projekte zahltsichausbildung.de und initiative-gemeinsam-handeln.de vorgestellt, deren Ziel es ist, mehr junge Menschen für den Beruf zu gewinnen. Auch die Bedeutung der Digitalisierung wurde in dem Gespräch betont: Digital arbeitende Kanzleien sind für Fachkräfte attraktiver und gleichzeitig auch noch messbar wirtschaftlich erfolgreicher.
Die E-Rechnung revolutioniert den Rechnungsprozess
Mit der bevorstehenden E-Rechnungspflicht ab dem 1. Januar 2025 stehen einige Unternehmen vor erheblichen Veränderungen. Christoph Kage, Account Manager bei DATEV eG, erklärte in seinem Vortrag, welche Pflichten ab 2025 gelten und welche Lösungen die DATEV zur Umsetzung anbietet.
Neu ist zum Beispiel die DATEV E-Rechnungsplattform. Sie dient als Schaltzentrale für den Versand und Empfang von E-Rechnungen und exportiert diese im Anschluss an DATEV Unternehmen online. Der Empfangsweg über E-Mail bleibt zusätzlich bestehen. Außerdem müssen Belege revisionssicher, z. B. in Belege online, archiviert werden, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. PDF-Rechnungen dürfen ab 2025 nur noch mit Zustimmung des Empfängers/der Empfängerin versendet werden.
Doch auch über die gesetzlichen Vorgaben hinaus lohnt sich die Umstellung auf die E-Rechnung, so Kage: Die E-Rechnung bietet zahlreiche Vorteile mit Blick auf Automatisierung und die Analyse von Echtzeitdaten, die mit der E-Rechnung jederzeit vorliegen.
Kage empfiehlt den anwesenden Steuerberater:innen, ihre Mandant:innen in Kürze zu informieren, und das bestenfalls nicht nur mit einer E-Mail, die von einigen nicht gelesen werde. Die DATEV biete zu diesem Zweck beispielsweise spezielle Mandant:innen-Webinare an, um Unternehmen bei der Umstellung auf die E-Rechnung zu unterstützen. Die anschließend aufkommenden Fragen zeigten, dass das Thema durchaus komplex und längst noch nicht für alle Kanzleien klar geregelt zu sein scheint.
Cyberattacken: Eine reale Gefahr auch für Kanzleien?
Am Donnerstagnachmittag fand ein Dialog zwischen Opfern und Experten zum Thema Cyberattacken – eine sehr reale Bedrohung für Ihre Kanzlei! statt. Eine Cyberattacke kann jede Kanzlei treffen und im schlimmsten Fall dazu führen, dass tagelang nicht normal gearbeitet werden kann. Aus dem Austausch ergaben sich folgende Punkte, die jede Kanzlei befolgen kann, um Cyberattacken zu verhindern oder abzuschwächen:
- Prävention: Zum Beispiel durch Gespräche mit dem IT-Dienstleister über mögliche Lücken in der Kanzlei-IT. Ein Einfallstor für Angreifer sind z. B. gemietete Drucker.
- Awareness schaffen: Mitarbeitende müssen für die Gefahr sensibilisiert und geschult werden, um z. B. Phishing-E-Mails zu erkennen.
- Notfallplan erstellen: Für den Fall der Fälle ist es wichtig, einen Notfallplan zu haben. Dazu gehören beispielsweise folgende Punkte: An wen wende ich mich bei Verdacht auf eine Cyberattacke? Wie verhalte ich mich? Der Notfallplan sollte nicht auf dem Computer, sondern z. B. gut sichtbar auf einem Whiteboard in der Kanzlei festgehalten werden.
- Absicherung erwägen: Mittlerweile gibt es sogenannte Cyber-Versicherungen, die unter anderem Schäden ersetzen, die durch Arbeitsausfall infolge eines Cyber-Angriffs entstehen.
- Regelmäßige Schulungen und Überprüfung des Notfallplans
Spezialisierung mit Zukunft: Nachhaltigkeitsexperte:in
Für Steuerberater:innen entsteht im Bereich der Nachhaltigkeit ein neues, wachsendes Beratungsfeld. Sie werden künftig nicht nur in steuerlichen Angelegenheiten, sondern auch in der Nachhaltigkeitsberichterstattung unterstützen müssen. Und das Thema wird in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. In ihrem Vortrag raten Gero Hagemeister, Präsident des Steuerberaterverbands Köln, und Dr. Stefan Grabs, Partner bei Nexia, sich frühzeitig zu vernetzen und in diesem Bereich weiterzubilden. Sie betonen, dass Nachhaltigkeits-Reporting eine neue Kernkompetenz für Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen darstellen werde und verweisen auf den neuen Online-Lehrgang zum Nachhaltigkeitsexperten/zur Nachhaltigkeitsprüferin für StB und WP, um sich in diesem Bereich fortzubilden.
Von der Beraterrolle in die Führungsrolle: Wie klappt das?
Den Freitagnachmittag läutete Kanzleiberater Stefan Lami mit einem Vortrag zum Thema Enthusiasmus in der Steuerberatung ein, und konzentrierte sich dabei vor allem auf das Thema Mitarbeiterführung und -begeisterung. Laut ihm haben Kanzleien vier Ziele:
- Die Erhöhung der Mandantenzufriedenheit
- Die Verbesserung der Fähigkeiten der Mitarbeitenden
- Effektiver die richtigen Dinge zu tun
- Bessere Aufträge zu gewinnen
Doch gerade mit dem Thema Mitarbeiterführung tun sich viele Steuerberater:innen schwer. Denn während die Beraterrolle vor allem eine intellektuelle Herausforderung ist, kann die Führungsrolle eine emotionale Herausforderung sein – in einem zahlen- und datengetriebenen Berufsstand nicht immer einfach. Während die Beraterrolle Geld einnimmt, kostet die Führungsrolle oft Geld, z. B. für Weiterbildungen.
Um Arbeitsplätze in der Steuerbranche in Zeiten des Fachkräftemangels möglichst attraktiv zu gestalten und dabei die Mitarbeitenden zu motivieren, gab Lami zu bedenken, dass Steuerprofis Kopfarbeiter:innen sind. Und für Kopfarbeiter:innen ist Arbeitsfortschritt der größte Motivator. Wenn diese am Ende des Arbeitstages das Gefühl haben, dass sie etwas geschafft haben, sind sie motiviert. Aufgabe der Kanzleiführung sollte es daher sein, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Mitarbeitende ihre Aufgaben auch tatsächlich abschließen können – und nicht ständig unterbrochen, überfrachtet oder durch unklare Vorgaben und ausstehendes Feedback zu Zwischenergebnissen überfordert werden.
Zu denken, dass beispielsweise eine Erhöhung der Gehälter zu einer höheren Motivation führt, sei ein Trugschluss. Denn, so Lami: Man kann mit Geld kein nicht vorhandenes Verhalten auslösen, sondern lediglich schon vorhandenes Verhalten verstärken.
Fazit: Zeit für Veränderung
Das 47. Deutsche Steuerberatertag war geprägt von zukunftsweisenden Themen, die den Berufsstand in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen und auch verändern werden. Von der Notwendigkeit einer vollständigen Digitalisierung, über Lösungen zum Fachkräftemangel bis hin zur Umstellung auf die E-Rechnung – die Diskussionen zeigen die großen Herausforderungen, aber auch Chancen für Steuerberater:innen.