Burnout Steuerberater

Von Marloes Göke

Arbeitsüberlastung, Digitalisierungsdruck, Fachkräftemangel und immer neue Anforderungen: Steuerberater:innen werden spätestens seit der Corona-Pandemie mit Herausforderungen überschüttet. Vielen kommt es so vor, als würde beim kleinsten Anzeichen einer Normalisierung die nächste Hiobsbotschaft kommen. Dauerstress ist zur Normalität geworden und wird nicht mehr hinterfragt. Genau dort lauert die Gefahr!

Ein Burnout entwickelt sich schleichend und daher für Betroffene oft unmerklich. Ausgangspunkt ist ein anhaltendes Ungleichgewicht zwischen Belastung und Erholung. Dies führt schleichend zu einem Energieverlust. Dabei ist es unerheblich, ob die Belastung aus der Arbeit oder dem Privaten kommt. In der Regel bedingt das eine früher oder später das andere.

Der Energieverlust, der aus dieser Dysbalance entsteht, entwickelt sich langsam, aber beständig und kann sich über Jahre oder gar Jahrzehnte erstrecken. Insbesondere dann, wenn es nicht gelingt, zwischendurch auch immer wieder mal Erholungsphasen zu schaffen.

Deswegen nehmen Betroffenen den langsamen aber stetigen Energie- und oft auch Motivationsverlust häufig nicht wahr. Wir gewöhnen uns an vieles, insbesondere wenn es nicht abrupt auftritt. Hierin liegt jedoch die Gefahr des Burnouts. Denn dadurch wird die Entscheidung, etwas dagegen zu unternehmen, oft viel zu spät getroffen. Nämlich erst dann, wenn die Person bereits mitten drinsteckt und kaum noch Kraftreserven da sind, um die notwendige Veränderung umzusetzen.

Lassen Sie es nicht so weit kommen!

Lernen Sie Ihre persönlichen Anzeichen für eine drohende Erschöpfung kennen, um rechtzeitig gegenzusteuern.

5 Anzeichen, die auf ein Burnout hindeuten

Ganz allgemein ist ein Burnout der Zustand totaler körperlicher, seelischer und geistiger Erschöpfung. Es wird korrekt von Burnout-Syndrom gesprochen, da es sich um eine Ansammlung verschiedenster Symptome auf diesen drei Ebenen handelt.

Um frühzeitig gegensteuern zu können, ist es erforderlich die Warnsignale, die auf ein Burnout hindeuten, bei sich selber wahrzunehmen. Deswegen stelle ich Ihnen im Folgenden klassische Anzeichen vor. Dabei müssen diese nicht zwangsläufig alle gleichzeitig oder in der angegebenen Reihenfolge auftreten. In der Regel fängt es ganz harmlos an und dann kommen nach und nach immer weitere Symptome hinzu.

1. Erschöpfung und reduzierte Erholungsfähigkeit

Der chronische Stresszustand führt zu einer systematischen Erschöpfung. Aus dem Sport kennen wir dies als Übertraining. Dieser Zustand tritt jedoch nicht nur auf körperlicher Ebene auf, sondern gleichermaßen mental und emotional.

Fühlen Sie sich ständig müde und abgeschlagen? Ist der Schlaf gestört und/ oder nicht mehr erholsam? Plagen Sie Gedankenkreise? Haben Sie am Wochenende ein hohes Erholungsbedürfnis und fühlen Sie sich trotz komatösem Couchsurfing anschließend immer noch nicht fit und energiegeladen? Ist Ihnen eigentlich alles zu viel und sehnen Sie sich nur nach Ruhe?

2. Die Zündschnur wird kürzer

Durch die zunehmende Erschöpfung baut sich unser Belastungspuffer immer mehr ab. Wir sind leichter gereizt und fahren schneller aus der Haut.

Nehmen Sie wahr, dass es Ihnen bei Kleinigkeiten schlechter gelingt, ruhig zu bleiben? Fühlen Sie sich schneller gereizt? Ist Ihnen alles zu viel? Sind Sie ungerecht gegenüber den Menschen, die Ihnen am nächsten sind und lassen Sie Ihre schlechte Laune an Ihnen raus?

3. Konzentrationsschwierigkeiten und Fahrigkeit

Ein weiteres Zeichen ist die zunehmende Schwierigkeit, sich zu konzentrieren. Dies kann sich in der Häufung kleiner Fehler oder einer zunehmenden Vergesslichkeit zeigen.

Haben Sie Wortfindungsschwierigkeiten oder betreten Sie einen Raum und fragen sich plötzlich, was Sie hier noch gleich wollten? Fällt es Ihnen schwer, sich zu fokussieren? Lassen Sie sich schnell ablenken oder lenken Sie sich selber ständig ab? Neigen Sie dazu, sich in kleineren Aufgaben, wie E-Mails beantworten, zu flüchten, anstatt die größeren Aufgaben anzugehen? Ertappen Sie sich immer häufiger beim Aufschieberitis und vermeiden Sie Entscheidungen?

4. Niedergeschlagenheit und Sinnfrage

Eine chronische Überbeanspruchung laugt nicht nur aus, sondern schlägt auch enorm auf die Stimmung nieder. Anfangs überwiegt der Anspruch, durchzuhalten. „Zähne zusammenbeißen und durch" lautet das Motto. Dahinter steckt die Idee, dass mit ein bisschen mehr Einsatz der Rückstand aufzuholen ist. Kommen wir dem erlösenden Licht am Ende des Tunnels jedoch nicht näher, schlägt die Motivation in Resignation um.

Fragen Sie sich immer häufiger, wofür Sie das alles eigentlich auf sich nehmen und wie lange Sie das noch durchhalten können? Haben Sie das Gefühl, zu versagen und den Anforderungen nicht zu genügen? Verlässt Sie immer mehr der Mut und stirbt langsam die Hoffnung, dass es wieder besser werden kann?

5. Infektanfälligkeit und Kompensationstendenz

Ein chronischer Stresszustand führt dazu, dass die Immunabwehr geschwächt ist. Außerdem neigen wir dazu, das Unwohlsein, was sich durch die Überlastung einstellt, durch andere Dinge zu kompensieren.

Haben Sie ständig wiederkehrende Infekte oder setzen sich diese hartnäckig fest? Kommt der Herpes oder andere Entzündungen, wie Aphten im Mundraum, eingerissene Mundwinkel ständig wieder oder wechseln sich diese fröhlich miteinander ab?

Neigen Sie zum Missbrauch von Genussmitteln, wie Kaffee, Schokolade, Süßigkeiten, Chips, Fast Food, Zigaretten oder Alkohol? Flüchten Sie sich durch Serien-Marathons oder Computerspiele in die Ablenkung? Brauchen Sie immer häufiger eine Belohnung, wie neue Schuhe oder technischen Schnick-Schnack oder erwischen Sie sich beim Konsum-Rausch?

Dies können alles Anzeichen für eine schleichende oder bereits im vollen Gang befindliche Erschöpfung sein. Hinterfragen Sie sich selbstkritisch! Wie lange geht das schon so? Auf welchem Niveau befindet sich Ihr Energielevel? Gibt es ausreichend Phasen, in denen Sie sich auch motiviert und energiegeladen fühlen oder sind diese verschwindend gering bis nicht mehr vorhanden?

Wenn Sie ehrlich in sich hineinblicken, kennen Sie die Antwort.

Bevor wir uns der Frage widmen, wie Sie gegensteuern können, möchte ich noch auf eine besondere Art von Stress eingehen, die sich in den letzten Jahren zunehmend entwickelt hat: Der digitale Stress.

Exkurs: Digitaler Stress und seine Folgen

Digitaler Stress ist eine Besonderheit unserer Zeit. Dieser spiegelt die Schattenseite der Digitalisierung wieder und beschreibt eine Fehlbeanspruchung durch die Nutzung digitaler Technologien.

Die COVID-19-Pandemie hat die Digitalisierung deutlich beschleunigt und vielfach gezeigt, dass der Umgang mit den digitalen Technologien noch nicht ausreichend gut geübt ist, was eine Überforderung zur Folge hat. Diese Überforderung führt wiederum zu psychischen und physischen Beschwerden sowie zu Leistungseinbußen.

Dabei gibt es eine Vielzahl an Belastungsfaktoren, welche im Zuge der digitalen Arbeit auftreten. Digitaler Stress umfasst laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung sechs Faktoren:

  1. Omnipräsenz
  2. Überflutung
  3. Komplexität
  4. Verunsicherung
  5. Jobunsicherheit
  6. Unzuverlässigkeit

Die Branche und der Digitalisierungsgrad des Arbeitsplatzes können zudem digitalen Stress beeinflussen. Denn die Belastung der digitalen Arbeit wird in Dienstleitungs-Branchen deutlich größer wahrgenommen als in weniger digitalisierten Branchen, wie beispielsweise dem Baugewerbe.

Der Digitalisierungsdruck in Steuerkanzleien ist enorm hoch, was vermuten lässt, dass sich neben dem allgemeinen Arbeitsstress aus Arbeitsverdichtung der digitale Stress addiert und zu einer explosiven Mischung entwickeln lässt.

Für die Reduzierung von digitalem Stress sind folgende Ansätze empfehlenswert:

  • Finden Sie einen maßvollen Umgang bei der Nutzung von digitalen Technologien und schaffen Sie bewusst digitale Freiräume (insbesondere auch in der Freizeit).
  • Optimieren Sie Ihren individuellen Einsatz digitaler Technologien. Nutzen Sie dazu entweder Know-how aus der Kanzlei oder Schulungsangebote der Anbieter, um einen entspannten Umgang zu erlernen.
  • Finden Sie eine kanzleiinterne Strategie im Umgang mit E-Mails. Es kann beispielsweise sinnvoll sein, intern auf andere Kommunikationstechnologien zurückzugreifen als E-Mails.
  • Hinterfragen Sie den Einsatz digitaler Technologien immer wieder in Hinblick auf die Erleichterung, die sie mit sich bringt oder eben auch nicht.

Wie Sie insgesamt gegensteuern können

Die Gefahr beim Burnout-Syndrom liegt in dem schleichenden Prozess und der fehlgeleiteten Überzeugung, durchhalten zu müssen. Um zu verhindern, dass Sie ausbrennen, können Sie zwei Richtungen ansteuern.

Zum einen gilt: Lernen Sie Ihre persönlichen Signale kennen und finden Sie die Signalstärke oder -dichte, die markiert, ab wann Sie wirklich spätestens gegensteuern müssen. Lernen Sie, sich abzugrenzen und „nein“ zu sagen. Dies können Sie auf eine sozialverträgliche Art und Weise tun, ohne andere vor den Kopf zu stoßen. Oft hilft es bereits, Dinge vermehrt vorzugeben, anstatt die Mandant:innen entscheiden zu lassen. Fragen Sie beispielsweise, ob ein Termin besser nächste Woche Freitag oder in der darauffolgenden Woche Mittwoch passt, anstatt zu fragen, wann es der anderen Person am besten passt.

Zum anderen gilt: Finden Sie Ausgleich in Form Ihrer persönlichen Energiequellen und zapfen Sie diese regelmäßig an. Dabei ist es wichtig, unterschiedliche Quellen zu haben, die Ihnen regelmäßig Energie schenken.

Überlegen Sie sich dazu:

  • Welche Energiequellen können Sie täglich anzapfen, um zwischendurch kurz innezuhalten? – Bewährt hat sich z. B. öfter am Tag ganz bewusst tief durchzuatmen, zu meditieren oder eine Morgenroutine durchzuführen.
  • Welche Energiequellen können Sie anzapfen, um wöchentlich ausreichend Ausgleich zu erhalten? – Hier bietet sich Bewegung oder ein Hobby an, auch Freunde treffen oder in die Natur gehen sind gute Möglichkeiten.
  • Welche Energiequellen helfen Ihnen, unterjährig mal so richtig tief abzuschalten und runterzufahren? – Oft ist das der Urlaub oder eine Expedition.
  • Welche Energiequellen können Sie bei Bedarf anzapfen, wenn der Stress ganz akut steigt? – Hier hilft oft Ablenkung, gefolgt von persönlicher Reflexion oder Austausch mit anderen, um die Situation zu bewerten und eine Lösung zu finden.

Es lässt sich in unserer schnelllebigen Welt nicht verhindern, dass Sie immer mal wieder durch stressige Zeiten gehen. Entscheidend ist, ein persönliches Frühwarnsystem zu entwickeln, flankiert von reichlich Kraftspendern, die ein Ausgleich bieten und neue Kraft schenken.

Handeln Sie, bevor es brennt!

Weitere Beiträge

Marloes Göke ist Unternehmensberaterin für Steuerkanzleien. Sie unterstützt die Inhaber dabei, sich stärker zu professionalisieren — mit dem Ziel, ihre Kanzlei effektiv zu steuern und ein erfolgreiches Zeit- & Selbstmanagement zu implementieren. Ihr Buch „Selbstständigkeit ohne Selbstaufgabe“ ist im Haufe Verlag erschienen. Göke schreibt als Gastautorin für Branchen- und Fachmagazine und hält als Keynote Speakerin regelmäßig Vorträge u. a. beim Deutschen Steuerberaterkongress oder dem tax4talents-festival. Nähere Informationen finden Sie unter: Unternehmerberatung Göke.

Bild: Adobe Stock/©FRIEVA

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