Mandantenkommunikation

Von Marloes Göke

Die Digitalisierung und insbesondere Künstliche Intelligenz (KI) schwebt teilweise wie der Innbegriff des Bösen über Steuerkanzleien. „Die macht uns überflüssig“ ist eine weitverbreitete Angst. Und ganz unbegründet ist dies nicht. Wenn man sich die Prognosen der Zukunftsforscher anschaut, wird KI gerade in Berufen, die sich in klar definierten Prozessen abbilden lassen, vielfach die Arbeit übernehmen. Und dabei stellt sich nicht die Frage, ob wir das wollen oder nicht. Der Markt wird dies über den Preis entscheiden.

Allerdings können Sie sehr wohl mitentscheiden!

Sofern Sie bei dem Gedanken, die Digitalisierung in Ihrer Kanzlei voranzutreiben und der KI die Tür zu öffnen auch ein ungutes Gefühl überkommt, seien Sie unbesorgt. Wenn Sie es richtig machen, steigern Sie die Qualität Ihres Angebotes und den Nutzen für Ihre Mandantschaft. Denn es geht darum, sich die Digitalisierung für alle Standards zunutze zu machen, um mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zu haben: Gespräche mit Ihren Mandant:innen und mit Ihrem Team.

Wie können Sie bei der Digitalisierung Ihrer Mandantenkommunikation vorgehen?

Wie bei allen umfangreicheren Vorhaben, ist es sinnvoll, systematisch vorzugehen und dabei die Prinzipien des Projektmanagements anzuwenden. Dem folgend, können Sie sich an den folgenden sieben Schritten orientieren.

1. Schritt: Legen Sie fest, was das Ziel sein soll

Häufig neigen wir dazu, einfach loszurennen und etwas umsetzen, ehe wir uns ausreichend Gedanken über das Ziel dahinter gemacht haben. Starten Sie also mit der Frage, was genau Sie erreichen möchten.

  • An welchen Stellen möchte ich die Mandantenkommunikation vereinfachen?
  • Wo kommt es immer wieder zu gleichen Fragen oder Problemen?
  • Welche Informationen müssen wir immer wieder aufs Neue geben?
  • Wo geht immer wieder viel unnütze Zeit verloren?
  • Für welche Gespräche möchte ich mehr Zeit gewinnen?

Formulieren Sie aus den Antworten dann eine Art Pflichtenheft für die Digitalisierung Ihrer Mandantenkommunikation.

2. Schritt: Binden Sie Ihr Team ein

Ihr Team ist in der Regel nah an den Mandant:innen und ebenfalls in die direkte Kommunikation eingebunden. Um sowohl deren Themen als auch Lösungsideen zu nutzen, nehmen Sie Ihr Team sehr früh mit an Bord, in dem Sie es über Ihr Vorhaben und die Gründe informieren, sich mit dem Thema zu befassen.

Anschließend können sie die obigen Fragen ans Team weitergeben und es bitten, die eigenen Antworten zu sammeln. Da erfahrungsgemäß nicht alle gleichermaßen Lust haben, bei einem solchen Projekt mitzuwirken, stellen Sie es jedem und jeder frei sich aktiv zu beteiligen.

3. Schritt: Analysieren Sie Ihre Kommunikationsprozesse

Schauen Sie sich dann anhand der zusammengetragenen Ergebnisse in Ihrer Projektgruppe an, wo genau Sie und Ihr Team Kontakt zu Ihren Mandant:innen haben.

Hilfreich ist, diese Prozesse grob zu visualisieren, um einen guten Überblick zu erhalten und einen Ausgangspunkt für die weitere Bearbeitung zu haben.

Gehen Sie anschließend alle Prozesse durch und überlegen Sie gemeinsam, welche Prozesse Sie digital unterstützen und vereinfachen und welche Sie vielleicht sogar komplett digital abbilden können.

Einige Beispiele:

  • Ein Erstgespräch sollten Sie selbstverständlich nach wie vor persönlich durchführen. Sie können jedoch einige digitale Helfer nutzen. Als erstes können Sie einen Filter in Form von Vorabfragen auf Ihre Website integrieren, der diejenigen Interessent:innen rausfiltert, die nicht zu Ihrer Kanzlei passen. Dann kann die Terminbuchung für das Erstgespräch komplett digitalisiert werden (nächster Punkt). Außerdem können Sie eine Checkliste erarbeiten, die alle Punkte enthält, die Sie erfragen und erläutern möchten. Auf diese Weise wird nichts vergessen und vielleicht kann sie sogar vor dem Gespräch an die interessierte Person versendet werden, damit sich die andere Seite auch auf das Gespräch vorbereiten kann.
  • Terminbuchungen oder Umbuchungen kosten oft sehr viel Zeit. Hier gibt es mittlerweile viele hilfreiche digitale Lösungen, wie Calendly, meetergo, Google Kalender, eTermin, cituro, Timify, Terminland und viele mehr. Prüfen Sie, welche Termine Sie auf diese Weise komplett ohne personellen Aufwand umsetzen können. Denken Sie auch an telefonische Rückfragen in diesem Zusammenhang.
  • Auch bei der Lohnbuchhaltung können Sie für die wiederkehrende Informationslieferung eine digitale Hilfe einsetzen. Bewährt hat sich eine standardisierte (Excel-)Liste, die beispielsweise auf einem Online-Server liegt (dann sparen Sie sich das Hin- und Herschicken) und die von Mandantenseite befüllt wird. Ergänzend können Sie hier ein Erklärvideo oder eine Kurzanleitung beifügen, die verdeutlicht, was in welcher Form benötigt wird. Dies ist insbesondere dann wertvoll, wenn auf Mandantenseite eine hohe Fluktuation stattfindet. Und richtig viel Spaß macht folgende Funktion: Bevor die Person die Liste als final markiert, wird ein Kurzcheck durchgeführt, der abfragt, ob alles vollständig ist. Außerdem können Sie eine automatisierte Erinnerung integrieren.

Sie sehen, Digitalisierung kann in unterschiedlichen Situationen auch ganz unterschiedlich aussehen. Werden Sie kreativ und spielen Sie „Wünsch Dir was“. Beschäftigen Sie sich insbesondere mit den ständigen Dauerbrenner-Themen.

4. Schritt: Definieren Sie Standards für die Mandantenkommunikation

Während Sie sich mit den jeweiligen Kommunikationsprozessen beschäftigen, stellen Sie immer wieder die eine Frage: Wie wollen wir es idealerweise haben? Denn an dieser Stelle fallen viele in die „So-haben-wir-es-schon-immer-gemacht“-Falle und digitalisieren voreilig Prozesse, die eigentlich nicht optimal laufen. Stellen Sie stattdessen alles in Frage und finden Sie den Weg, der der Beste für Ihre Kanzlei ist. Halten Sie diesen Standard dann unbedingt schriftlich fest.

5. Schritt: Finden Sie den richtigen digitalen Weg für sich

Nun dürfen Sie! Nehmen Sie sich die festgelegten Prozesse und transformieren Sie sie in Ihren digitalen Weg. Planen Sie dafür ausreichend Zeit ein. Oft ist es hier sinnvoll, sukzessive vorzugehen und einen Prozess nach dem nächsten anzugehen – anstatt alles gleichzeitig. Wichtig dabei: Nutzen Sie nicht zu viele unterschiedliche Tools. Idealerweise haben Sie ein oder zwei Haupttools und noch ein paar Hilfswerkzeuge.

Tipp: Eine Toolübersicht für die Digitalisierung der Mandantenkommunikation finden Sie z. B. im Tax-Tech-Verzeichnis in der Rubrik Mandantenkommunikation. Ihnen stehen verschiedene Tools zur Auswahl, von der App bis zum Mandantenportal. Fast alle der Tools verfügen auch über eine DATEV-Schnittstelle.

5. Schritt: Alles ins Team implementieren und die Mandantschaft informieren

Sofern nicht alle im Team an dem Projekt mitgewirkt haben, ist es wichtig, das Team nun wieder abzuholen und in der Umsetzung zu begleiten.

Verdeutlichen Sie noch einmal den Hintergrund der Veränderung der Kommunikationsprozesse: Warum ist Ihnen die digitale Mandantenkommunikation wichtig? Was wollen Sie damit erreichen? Stellen Sie dabei den Nutzen heraus, den Ihr Team hat und signalisieren Sie Verständnis für eine gewisse Skepsis. Erläutern Sie dann den Prozess, mit dem Sie starten wollen und vereinbaren Sie mit Ihrem Team eine Übergangsphase, in der Sie die Veränderungen gemeinsam reflektieren und weiter anpassen.

Bereiten Sie anschließend Ihre Mandant:innen auf die Umstellung vor. Die Ausgestaltung orientieren Sie an Ihrem Service-Anspruch und am Grad Ihrer Digitalisierung.  Es bietet sich ein dreistufiges Verfahren an: In der ersten Stufe informieren Sie Ihre Mandant:innen, in der zweiten schulen Sie sie und in der dritten geben Sie bei Bedarf Einzelunterstützung.

6. Schritt: Gehen Sie in die Umsetzung und verfeinern Sie die Prozesse

Nun ist es wichtig, den letzten Schritt nicht zu vergessen: Die Kinderkrankheiten ausrotten. Häufig sind alle froh, dass man es bis hierher geschafft hat und der Status Quo wird zum neuen Standardvorgehen.

Machen Sie nicht den gleichen Fehler! Denn dabei wird vergessen, dass der Plan sich in der Realität erst noch beweisen und in fast allen Fällen nachgebessert werden muss.

Dies ist im Grunde der fortwährende Anspruch, um nicht in der Mittelmäßigkeit stecken zu bleiben. Intergieren Sie einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (kurz KVP) aus dem Qualitätsmanagement (QM).

Dazu halten Sie ihr gesamtes Team an, nach Fehlern, Reibungsverlusten und Ärgernissen Ausschau zu halten. Diese können Sie in regelmäßigen QM-Meetings analysieren und anschließend festlegen, wie damit verfahren wird. Hierbei helfen die beiden folgenden Fragen:

  • Was hat zu dem Problem/ dem Fehler geführt?
  • Wie können wir dafür sorgen, dass dies nicht wieder auftritt?

Halten Sie das Ergebnis fest und integrieren Sie es in Ihre Kanzleihandbuch.

Fazit: Digitale Mandantenkommunikation schafft Freiräume

Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten. Sie können allerdings beeinflussen, ob Sie sich davon überrollen lassen oder die Zügel selber in die Hand nehmen und aktiv bestimmen, wie Sie die neuen Technologien in Ihrer Kanzlei einsetzen. Dies kann erheblich zur Verbesserung Ihrer Mandantenkommunikation beitragen und Ihnen Freiräume für die wirklich wichtigen Dinge verschaffen. Werden Sie also aktiv und gehen das Thema für Ihre Kanzlei an!

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Marloes Göke ist Unternehmensberaterin für Steuerkanzleien. Sie unterstützt die Inhaber dabei, sich stärker zu professionalisieren — mit dem Ziel, ihre Kanzlei effektiv zu steuern und ein erfolgreiches Zeit- & Selbstmanagement zu implementieren. Ihr Buch „Selbstständigkeit ohne Selbstaufgabe“ ist im Haufe Verlag erschienen. Göke schreibt als Gastautorin für Branchen- und Fachmagazine und hält als Keynote Speakerin regelmäßig Vorträge u. a. beim Deutschen Steuerberaterkongress oder dem tax4talents-festival. Nähere Informationen finden Sie unter: Unternehmerberatung Göke.

Bild: Adobe Stock/©Feodora

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