Die Digitalisierung stellt Steuerkanzleien vor große Herausforderungen. Viele bestehende Lösungen sind unflexibel oder nicht optimal auf die Bedürfnisse von Mandant:innen zugeschnitten. Alexander Krieger, Steuerberater und Unternehmer, hat sich daher für einen radikalen Schritt entschieden: Er hat mit seinem Team eine eigene Software entwickelt. Im Gespräch mit Ulf Hausmann berichtet er, wie aus einer Idee die Plattform Digital Office 24 wurde.

Der Ursprung: Ein Problem, das nach einer Lösung verlangte

Die Idee zu Digital Office 24 entstand aus der täglichen Praxis heraus. „Ich wollte mit meinen Mandant:innen digital arbeiten, aber die bestehenden Lösungen wurden nicht angenommen“, erklärt Krieger. Häufige Einwände der Mandantschaft waren beispielsweise fehlende Nutzerverwaltungen oder Bedenken hinsichtlich der Sichtbarkeit von Bankkontodaten. Zudem war es für Mandant:innen mit mehreren Unternehmen umständlich, mit separaten Instanzen zu arbeiten. „Ich wollte eine Lösung, die sich nahtlos in die Prozesse integriert und die Mandantschaft überzeugt“, so Krieger.

Von der Skizze zur Software: Der Weg zur eigenen Lösung

Der erste Schritt war denkbar simpel: Krieger skizzierte seine Idee und entwickelte mit einem Mitarbeiter ein Modell in Excel. Ein befreundeter Entwickler zeigte sich begeistert und versprach, die Software in drei Monaten umzusetzen. „Sieben Jahre später wissen wir, dass es etwas länger gedauert hat“, scherzt Krieger. Doch der Grundstein war gelegt. Nach und nach wuchs das Projekt, ein eigener CTO kam an Bord, und es wurde ein echtes Softwareunternehmen gegründet.

Was macht Digital Office 24 besonders?

Digital Office 24 ist eine SaaS-Plattform (Software as a Service), die keine Installation erfordert. Sie ermöglicht Mandant:innen nicht nur eine einfache Verwaltung ihrer Buchhaltungsdaten, sondern integriert auch weitere wichtige Bereiche:

  • Mehrmandantenfähigkeit: Mandant:innen können mehrere Unternehmen verwalten, ohne separate Instanzen anlegen zu müssen.
  • Vermögensverwaltung: Neben klassischen Buchhaltungsdaten können auch Immobilien, Verträge, Wertpapiere und sogar Kunstwerke oder Krypto-Wallets verwaltet werden.
  • Nutzerverwaltung: Mandant:innen können steuern, wer Zugriff auf welche Daten erhält – sei es für Mitarbeitende, Steuerberater:innen oder temporäre externe Partner wie Immobilienmakler:innen oder Versicherungsberater:innen.
  • Buchhaltungsreview: Eine Funktion, mit der Steuerberater:innen die eingegebenen Daten vor dem Export zu DATEV prüfen und korrigieren können.

„Unser Ziel war es, eine Lösung zu schaffen, die Mandant:innen eine echte Übersicht über ihre Finanzen gibt und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit der Steuerkanzlei vereinfacht“, so Krieger.

So profitieren Kanzlei und Mandantschaft

Ein häufiges Problem in Kanzleien ist der sogenannte Datenschiefstand: Mandant:innen erfassen ihre Daten, aber Steuerberater:innen müssen später vieles korrigieren. Digital Office 24 ermöglicht es, dass Mandant:innen ihre Belege hochladen, während Steuerberater:innen die Buchhaltung in Echtzeit überprüfen und anpassen können. „So vermeiden wir unnötige Korrekturen und sparen Zeit – für beide Seiten“, erklärt Krieger.

Zudem behalten Mandant:innen immer den Überblick über ihre finanzielle Situation. „Viele Unternehmen wissen oft gar nicht genau, wie reich sie eigentlich sind“, sagt Krieger. „Unsere Software ermöglicht es, Vermögenswerte übersichtlich zu erfassen und jederzeit aktuelle Reports zu ziehen.“

Auch externe Berater:innen lassen sich unkompliziert einbinden. Ein Beispiel: Ein:e Versicherungsberater:in kann temporären Zugriff auf alle relevanten Verträge erhalten, um den Versicherungsschutz zu überprüfen. „Das erspart endlose E-Mails und vereinfacht die Zusammenarbeit erheblich“, so Krieger.

Blick in die Zukunft: KI-gestützte Beratung und neue Funktionen

Die nächste Entwicklungsstufe von Digital Office 24 ist bereits in Arbeit. Besonders spannend: die Integration von Künstlicher Intelligenz. „Wir testen derzeit KI-gestützte Analysen, die Mandant:innen erste Einschätzungen zu steuerlichen Fragen liefern können“, berichtet Krieger. Denkbare Szenarien: Eine Unternehmerin fragt die Software, welche steuerlichen Auswirkungen ein Umzug ins Ausland hätte oder ob sich eine Investition lohnt.

„Natürlich ersetzt das keinen Steuerberater“, betont Krieger. „Aber es liefert eine erste Einschätzung und kann die Beratung vorbereiten.“

Auch das Vertragsmanagement soll weiter ausgebaut werden. Ziel ist es, automatische Erinnerungen für Vertragsverlängerungen oder Kündigungen zu integrieren und eine Selbstauskunft auf Knopfdruck zu ermöglichen.

Fazit: Von der Kanzlei zur Software-Schmiede

Die Entwicklung von Digital Office 24 war für Krieger ein steiler Lernprozess. „Hätte ich gewusst, wie viel Arbeit es ist, hätte ich es mir vielleicht anders überlegt“, sagt er lachend. Doch heute sieht er den Erfolg: Eine Lösung, die Steuerberater:innen und Mandant:innen gleichermaßen entlastet und neue Möglichkeiten in der digitalen Zusammenarbeit schafft.

Sein Rat an andere Kanzleien, die mit dem Gedanken spielen, eigene Software zu entwickeln? „Man braucht ein starkes Team, Zeit und muss sich bewusst sein, dass es nicht nur um Entwicklung geht – Vertrieb und Marketing sind genauso wichtig.“

Digital Office 24 steht mittlerweile auch anderen Kanzleien zur Verfügung. „Der Markt ist groß genug für alle“, sagt Krieger. Und wer die Software testen möchte, kann dies mit einer kostenlosen Version tun – Feedback ist ausdrücklich erwünscht!

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Ulf Hausmann ist Kanzleiberater und systemischer Organisationsberater und Coach. Er war zehn Jahre Marketingleiter von Ecovis und begleitet Kanzleien in Strategie, Führung und Organisationsentwicklung. Er ist Autor und Seminarleiter für unternehmerische Themen in Steuerkanzleien, Mitglied im KI-Ausschuss der Steuerberaterkammer Niedersachsen und Mitbegründer der Tax KI Community.

Bild: Adobe Stock/Paniti

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