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Die digitale Belegverarbeitung ist spätestens mit der Einführung der E-Rechnung und der gesetzlichen Empfangspflicht seit dem 1. Januar 2025 ein brandaktuelles Thema für Steuerkanzleien. Trotz der offensichtlichen Vorteile gibt es immer noch viele Kanzleien, die auf papierbasierte oder teildigitale Prozesse setzen. Die Umstellung auf eine digitale Buchhaltung bietet jedoch nicht nur die Chance, Abläufe effizienter zu gestalten, sondern hilft auch, den Arbeitsaufwand deutlich zu reduzieren – besonders in Zeiten des Fachkräftemangels.

In Gesprächen mit Unternehmen und Kanzleien zeigt sich jedoch, dass insbesondere beim Thema E-Rechnung Unsicherheiten bestehen. Viele wissen nicht genau, wie der Umstieg konkret ablaufen soll. Dieser Artikel bietet praktische Hinweise, wie Sie den Belegverarbeitungsprozess in Ihrer Kanzlei digitalisieren können. Jede Kanzlei ist anders, doch die grundlegenden Schritte sind übertragbar und helfen Ihnen, individuelle Lösungen zu finden.

Wie arbeiten Ihre Mandantinnen und Mandanten?

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Digitalisierung ist das Verständnis der Mandantenprozesse. Bevor Sie die Umstellung angehen, sollten Sie sich fragen: Betreuen Sie bereits vollständig digitale Mandate oder arbeiten Sie noch mit Papierbelegen? Der erste Schritt für Kanzleien mit Papiermandaten ist klar: Vermeiden Sie das unnötige Drucken von Rechnungen, die per E-Mail eingehen, nur um sie wieder einzuscannen. Dieser „falsche" Digitalisierungsweg führt zu großen Dateien, die Speicherplatz verbrauchen und Kosten verursachen.

Es gibt nur drei Wege, auf denen Belege ins Unternehmen kommen, die leicht auf einen digitalen Workflow umgestellt werden können: Papierbelege, E-Mail-Rechnungen (bereits digitalisiert) und Portalrechnungen (bereits digitalisiert), die manuell heruntergeladen werden müssen und dabei gerne vergessen werden. Nach erfolgreicher Digitalisierung der Belege können Sie geeignete Tools einsetzen, um Prozesse zu automatisieren – sei es durch Scan-Apps für Kassenzettel, digitale Freigabetools für E-Mail-Rechnungen oder Programme wie „GetMyInvoices“ oder „Invoicefetcher“, die Portalrechnungen automatisiert laden und in die Buchhaltung schicken. Mit diesen Maßnahmen sparen Sie nicht nur Zeit, sondern beenden die leidige Suche nach fehlenden Belegen.

Der erste Schritt: Digitale Annahme von Belegen und Dokumenten – effizient und fehlerfrei

Die digitale Annahme von Belegen ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Buchhaltung. Dieser Prozess kann jedoch nur reibungslos funktionieren, wenn klare Vorgaben in der Steuerkanzlei existieren. Das größte Hindernis? Sich ständig in neue Tools einzuarbeiten und für jeden Mandanten oder jede Mandantin individuelle Übergabeprozesse zu entwickeln. Das führt nur zu Chaos, frisst wertvolle Zeit und erhöht das Fehlerrisiko. Die Lösung: Definieren Sie einen einheitlichen Prozess für verschiedene Typen von Mandanten und halten Sie diesen konsequent ein.

Nehmen wir „Mandant Typ A“ als Beispiel. Dieser Mandant kontrolliert seine Belege und Kontoauszüge, kennt sich aber mit Buchhaltung kaum aus. Er übergibt regelmäßig einen Stapel Dokumente – in Papierform oder digital. Für solche Mandanten und Mandantinnen sollten Sie einen klaren digitalen Übergabeprozess festlegen, z. B. über „DATEV Unternehmen online“ mit dem „Rechnungsdatenservice 1.0“ aus einem Vorsystem wie z. B. „lexware Office“. So stellen Sie sicher, dass die Belege korrekt und vollständig bei Ihnen ankommen, und der Mandant genau weiß, wie er vorgehen muss.

Ein weiterer Mandantentyp, „Mandant Typ B“, bucht selbstständig und überträgt Buchungsdaten und Belege digital. Hier können Sie auf Formate wie eine „DATEV Standard-Schnittstelle“ setzen, die Belege und Stammdaten inklusive Belegverknüpfung vollständig überträgt.

Wichtig ist hierbei, dass die „DATEV Standard-Schnittstelle“ nicht in allen Fällen bedeutet, dass Sie zwingend mit DATEV arbeiten müssen. Der Export erfolgt im ZIP-Format und enthält Buchungsdaten, Stammdaten, Belege und Belegverknüpfungen.  Obwohl dieser Export „DATEV“ heißt, handelt es sich im Grunde um einen Industriestandard, der zwar von DATEV entwickelt wurde, den aber nahezu jedes Steuerberaterprogramm – z. B. „Addison“, „Agenda“ oder „SIMBA“ – lesen kann. Definieren Sie auch hier einen festen Prozess für die Datenübergabe, sodass Sie nicht bei jedem neuen Mandanten eine andere Vorgehensweise benötigen. Setzen Sie beispielsweise grundsätzlich auf diese Übergabeform.

Durch diese klare Struktur haben Sie am Ende nur noch wenige Varianten, wie Sie mit Mandanten und Mandantinnen arbeiten: Typ A und Typ B. So können Sie effizienter arbeiten, Nacharbeiten minimieren und die Übergabeprozesse optimieren. Letztlich sparen Sie und Ihre Mandantschaft Zeit, Nerven und – am wichtigsten – Ressourcen.

Automatisierte Belegerfassung und -verarbeitung: Der Weg zu mehr Effizienz

Die Automatisierung der Belegerfassung und -verarbeitung ist der Schlüssel zu einer effizienten Steuerkanzlei. Wichtig ist dabei, klare Prozesse zu definieren, die die Fähigkeiten Ihrer Software optimal nutzen. Ein gutes Beispiel dafür ist „DATEV Unternehmen online“: Hier kann Ihre Mandantschaft Kopfdaten wie Lieferant, Betrag oder Rechnungsdatum selbst erfassen und mit dem Bankkonto, welches online eingebunden ist, abgleichen, um die Vollständigkeit zu kontrollieren. Funktioniert das korrekt, kann Ihr System die Belege per Knopfdruck übernehmen, automatische Buchungsvorschläge generieren und die Verarbeitung extrem beschleunigen.

Jedoch arbeiten nicht alle Mandanten und Mandantinnen gleichermaßen präzise, was bedeutet, dass Korrekturen nötig sein könnten. Um diesen Aufwand zu minimieren, empfiehlt es sich, einen Prozess zu definieren, bei dem nur die Belege übermittelt und durch Ihre Kanzleisoftware automatisch verarbeitet werden – ohne Abhängigkeit von externen Vorsystemen. Sie sollten dabei nur sicherstellen, dass die Belege vollständig bei Ihnen ankommen und dazu müssen Sie den Prozess (nicht das Tool) beim Mandanten grundlegend verstehen.

„Traum-Prozess“ definieren

Der beste Ansatz: Definieren Sie Ihren „Traum-Prozess" und lassen Sie sich nicht von bekannten Einschränkungen bremsen. Tun Sie mal so, als gäbe es diese Hürden nicht – nur so können Sie den bestmöglichen, idealen Ablauf festlegen. Optimieren Sie diesen Prozess mit ein bis zwei Mandanten und testen Sie ihn, bis er zuverlässig funktioniert. Anschließend implementieren Sie ihn bei weiteren Mandantinnen und Mandanten. Indem Sie einen festen Standard für die Belegübermittlung vorgeben, sind Sie nicht mehr auf verschiedene Mandantensysteme angewiesen. So schaffen Sie eine einheitliche, automatisierte Lösung, die nicht nur Zeit spart, sondern auch die Effizienz in Ihrer Kanzlei erheblich steigert.

TIPP: Führen Sie eine Kennzahl ein: Gesamtaufwand einer monatlichen Buchhaltung in Minuten geteilt durch Anzahl Buchungen in diesem Monat. Notieren Sie diese Kennzahl „Zeit pro Buchung“ pro Mandant pro Monat. Setzen Sie sich zum Ziel: 30s pro Buchung im Schnitt als maximalen Aufwand. Nachfordern fehlender Belege und Klären von Belegen / Zahlungen zählt mit rein!

Herausforderungen und Best Practices bei der Einführung digitaler Belegverarbeitung

Eine der größten Herausforderungen bei der Einführung der digitalen Belegverarbeitung ist das fehlende technische Know-how – sowohl in der Steuerkanzlei als auch bei der Mandantschaft – sowie das fehlende „Denken in Prozessen“ statt in „Einzelfällen“. Oft wissen beide Seiten nicht, welche effizienten Tools und Möglichkeiten bereits verfügbar sind. Das führt dazu, dass viele komfortable und automatisierte Prozesse gar nicht in Betracht gezogen werden. Daher ist es entscheidend, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kanzlei entsprechend zu schulen. Sie sollten ein grundlegendes Verständnis davon entwickeln, welche digitalen Lösungen existieren, wie diese genutzt werden können und wie ein Standard-Prozess aussehen kann. Ein paar praktische Beispiele aus echten Kanzlei-Prozessen können hier helfen, den Einstieg zu erleichtern – einige solcher Beispiele finden Sie hier.

TIPP: Designen Sie den Prozess zunächst unabhängig von der Software. Die technischen Lösungen werden erst danach gesucht.

Ein weiterer Best Practice-Tipp: Testen Sie den neuen Prozess zunächst mit Ihrer eigenen Kanzlei-Buchhaltung. Verwenden Sie die Tools für Ihre interne Buchhaltung, um deren Stärken und Schwächen kennenzulernen. So können Sie sich ein genaues Bild davon machen, was gut funktioniert und wo es noch Optimierungspotenzial gibt. Dieser Praxisansatz hilft Ihnen, mit Mandantinnen und Mandanten besser über die technischen Möglichkeiten zu sprechen und die richtige Unterstützung zu bieten.

TIPP: Aus der Erfahrung zeigt sich, dass es wenig hilfreich ist, der Mandantschaft die Umstellung komplett zu überlassen. Stattdessen sollten Kanzleien den Prozess gemeinsam mit ihren Mandanten entwickeln und aktiv begleiten. So stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten den neuen digitalen Workflow verstehen und erfolgreich umsetzen können.

Fazit: Der Weg zur papierlosen Belegverarbeitung

Um Ihre Kanzlei und Ihre Mandantschaft bis zum 1. Januar 2025 E-Rechnungs-ready zu machen, ist ein klarer, standardisierter Übergabeprozess für digitale Belege unerlässlich. Zuerst sollten Sie die verschiedenen Mandantentypen definieren und einen einheitlichen Ablauf für die Belegverarbeitung festlegen. Nutzen Sie Checklisten, um sicherzustellen, dass Mandantinnen und Mandanten korrekt kategorisiert und die Prozesse konsistent angewendet werden.

Der nächste Schritt ist die Auswahl der richtigen Tools und Implementierungspartner, die den definierten Prozess unterstützen. Es ist wichtig, dass diese Partner nahtlos mit Ihnen zusammenarbeiten und die gewünschten Abläufe mit der Mandantschaft umsetzen. Vertrauen Sie dabei nicht auf Zufälle – standardisierte Prozesse und getestete Implementierungspartner sind der Schlüssel.

Schulen Sie zudem Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, damit sie den Mandantenprozess und die technischen Möglichkeiten verstehen. Ein Pilotprojekt mit einem Beispielprozess hilft, diesen zu testen und zu optimieren, bevor Sie ihn breit ausrollen.

Denken Sie daran: Nicht alle Softwarelösungen bieten die benötigten Funktionen. Sollte ein Tool für Ihren Prozess unzureichend sein, entwickeln Sie alternative Lösungen, um sicherzustellen, dass Ihre Prozesse reibungslos funktionieren und die Umstellung zur papierlosen Belegverarbeitung gelingt.

Arbeitshilfen zur Digitalisierung der Buchhaltung:

Vorlage zur Prüfung des Mandanten-Typs: Kanzlei Analyse Intern.pdf

Zeitplan für eine Umstellung sowie Praxisbeispiele: https://miro.com/app/board/uXjVLReAT5g=/?share_link_id=582758600336

Fünf Prozesse, die jede Steuerkanzlei digitalisieren sollte

Die neue Spezialausgabe des Tax Tech-Magazins stellt fünf Prozesse vor, die durch digitale Lösungen nachhaltig optimiert werden können – vom Neumandatsprozess über die Belegverarbeitung bis hin zur digitalen Mandantenkommunikation.

Steffi Krüger verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in den Bereichen IT- und Projektmanagement. In dieser Funktion hat sie zahlreiche Projekte für Unternehmen geleitet und große Einsparungen erzielt. Seit mehr als drei Jahren konzentriert sie sich auf Steuerkanzleien und das Spezialthema „papierlose Buchführung“. In dieser Zeit hat sie eine Menge Spezialwissen angeeignet und weiß, welche Schmerzpunkte es bei Steuerkanzleien und Unternehmen gibt. Ihre Aufgabe ist es, zwischen beiden Seiten eine Brücke zu bauen und so die Zusammenarbeit erheblich zu erleichtern.

fraupapierlos.de

Bild: Adobe Stock/©onephoto

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