e-rechnung digitalisierung

Von Johannes Franz

 „Wir würden gerne mehr digitalisieren, aber die Mandant:innen wollen nicht.“ Viele Kanzleien starten hochmotiviert und in einem guten Tempo in die Digitalisierung ihrer Mandantschaft: 20 bis 30 Prozent der Mandant:innen in der Finanzbuchhaltung wurden auf eine digitale Zusammenarbeit umgestellt. Dann fängt es plötzlich an zu stocken. Nur schwerlich kommen weitere dazu. Die Widerstände der Bestandsmandate gegen digitale Möglichkeiten der Zusammenarbeit scheinen zu groß zu sein: „Zu teuer“, „zu aufwendig“, „lohnt sich nicht“. Die anfängliche Euphorie weicht der Resignation – was nun? Welche Möglichkeiten gibt es, die Mandant:innen zu einer digitalen Zusammenarbeit zu bewegen?

Die E-Rechnungspflicht als Chance nutzen

Das beste Argument für die Digitalisierung von Prozessen liefert aktuell die Rechtsprechung: Zum 1.1.2025 wird der Empfang elektronischer Rechnungen für Unternehmen im Business-to-Business-Bereich (B2B) verpflichtend. Elektronische Rechnung heißt dabei nicht PDF, sondern ein strukturierter Datensatz: eine XML-Datei. Zudem entfällt der Vorrang der Papierrechnung. Dadurch muss sich im Grunde jedes Unternehmen Gedanken machen, wie es zukünftig die Rechnungen seines Dienstleisters oder Zulieferers verarbeiten wird. Anschließend müssen schrittweise bis zum 1.1.2028 auch alle Unternehmen im B2B-Bereich E-Rechnungen versenden. Zwar gibt es mit ZUGFeRD 2.0 aufwärts ein hybrides Format, bei dem zusätzlich zur XML-Datei eine PDF erzeugt wird, allerdings gibt es keine Pflicht zur Nutzung genau dieses Format. Was also tun, wenn auf einmal eine XML-Rechnung im Posteingang des E-Mail-Programms liegt? Die Antwort sind digitale Prozesse mit geeigneter Software. Hier kann sich der Steuerberater oder die Steuerberaterin als Unterstützer positionieren und digitale Lösungen anbieten – eine Win-Win-Situation.

1. Schritt: Leisten Sie nur Überzeugungsarbeit, wenn Sie selbst überzeugt sind

Wichtig dabei ist, dass der Steuerberater oder die Steuerberaterin selbst vom Angebot oder der angebotenen Lösung überzeugt ist. Sie werden niemals jemanden von etwas überzeugen können, von dem Sie selbst nicht überzeugt sind. Schlimmer noch: Wenn Sie die Lösung gar nicht richtig kennen, können Sie den Nutzen nicht authentisch darstellen und auch Fragen nicht beantworten. Aus diesem Grund ist es auch kein erfolgsversprechender Weg, Ihre Mitarbeitenden damit zu beauftragen, Mandant:innen anzusprechen, wenn diese selbst nicht zu 100 Prozent überzeugt sind und keinen Anreiz zur Digitalisierung haben. Dann muss zuerst recherchiert und Rücksprache gehalten oder Termine mit anderen Personen vereinbart werden, die sich wirklich auskennen. Das bedeutet mehr Aufwand und mehr Zeit, die keiner investieren will, der nicht explizit auf der Suche nach einer Lösung ist. Und an dieser Stelle haben Sie die Digitalisierungswilligen meist bereits digitalisiert. Es wird also ein gutes Angebot und Anreize für Mandantschaft und Mitarbeitende benötigt, die noch keinen Nutzen in den digitalen Möglichkeiten der Zusammenarbeit sehen.

2. Schritt: Argumentieren Sie wie Ihre Mandant:innen – und entkräften Sie

Als Erstes müssen Sie sich also selbst von Ihrer präferierten Lösung überzeugen. Sei es beispielsweise DATEV Unternehmen Online, Lexoffice oder Candis: Lernen Sie die Lösung kennen, machen Sie sich einen Eindruck von Vor- und Nachteilen, Funktionen und Einsatzmöglichkeiten. Sammeln Sie gute Argumente für diese Software – und die muss es auch geben. Digitalisierung ist kein Selbstzweck:

  • Welche Probleme eines Unternehmens kann die Software lösen?
  • Welchen Nutzen hat die Lösung?
  • Kann finanzieller oder organisatorischer Aufwand bei der Mandantschaft oder der Kanzlei reduziert werden?
  • Wem nutzt das?

Listen Sie dann die Gründe Ihrer Mandant:innen auf, die diese gegen eine digitale Zusammenarbeit vorgebracht haben. Können Sie diese jetzt schon entkräften? Wenn nicht, suchen Sie weitere Argumente gegen die „Dealbreaker“ der Mandant:innen. Wenn Ihre präferierte Software keine guten Argumente liefert, überlegen Sie sich, ob die Software wirklich die richtige ist. Überlegen Sie sich auch, was Ihre Mitarbeitenden von der Digitalisierung haben:

  • Zeitersparnis
  • Weniger Stress um den 10ten des Monats
  • Ermöglichung von Homeoffice durch digitale Belege
  • Prämien für digitalisierte Mandantschaft etc.

Die Sachbearbeiter:innen spielen eine zentrale Rolle. Sind sie von der Digitalisierung überzeugt, werden sie ganz anders auf ihre Mandantschaft einwirken. Oder sind es nur vorgeschobene Argumente dieser oder der Mitarbeitenden und sie haben überhaupt kein Interesse daran, etwas zu ändern?

3. Schritt: Die eigene Position herausarbeiten

Was passiert denn, wenn jemand nicht digitalisieren will? Hat das Konsequenzen? Hier muss sich die Kanzleileitung klar positionieren und kommunizieren. Gerade wenn mehrere Partner:innen die Kanzlei führen, ist eine gemeinsame und einheitliche Linie wichtig. Wirklich digitale Kanzleien arbeiten an KI und Automatisierung. Sie haben Digitalisierungsberatungen und Software-Start-ups gegründet. Digitalisierung ist dort schon lange der Standard:

  • Was ist Ihr Standard?
  • Was sind Ihre Spielregeln für die Zusammenarbeit im Team und mit den Mandant:innen?
  • Was passiert, wenn jemand die Regeln bricht?
  • Wird er oder sie verwarnt?
  • Gibt es eine gelbe Karte und bei Wiederholung folgt der Platzverweis?
  • Kennt jeder die Regeln?

Die Antworten auf diese Fragen sind wichtig und bilden den Rahmen für aktive Kommunikation und Handlungen. Im Gegensatz zu Konjunktiven sind sie konkret. Der Gegenüber weiß, woran er ist, was ihn erwartet und kann sich dann entscheiden.

4. Schritt: Klare Kommunikation starten

Nutzen Sie die E-Rechnung, um Ihrem Team und der Mandantschaft den neuen Standard und die damit verbundenen Ziele zu vermitteln. Kommunizieren Sie sie kontinuierlich als Chance, die es jetzt zu ergreifen gilt. Im Marketing gilt die Faustregel, dass man durchschnittlich sieben Kontaktpunkte braucht, bevor man etwas kauft. Im digitalen Zeitalter ist diese Zahl auf 20 Kontaktpunkte gestiegen. Erwarten Sie also nicht, dass nach dem ersten Schreiben an Ihre Mandant:innen alle überzeugt sind. Entwickeln Sie einen Kommunikationsplan, der immer wieder darauf einzahlt. Das ist in einem Konzern die Aufgabe des CEO: die Strategie gebetsmühlenartig immer wieder allen zu kommunizieren und zu erklären. Dazu müssen Sie selbst davon überzeugt sein. Dabei hilft es, sich die Konsequenz des Handelns vor Augen zu führen: Wollen Sie, dass Mandant:innen Ihnen nun neben dem Pendelordner zig E-Mails mit einzelnen XML-Rechnungen zusenden? Oder ganz grundsätzlich: Analoge Kanzleien verlieren drastisch an Wert und finden immer weniger Käufer:innen – wollen Sie das für Ihre Kanzlei?

Fit für die E-Rechnung

Mit unserer E-Broschüre als Leitfaden gelingt Ihnen die erfolgreiche Implementierung der E-Rechnung in Ihrer Steuerkanzlei

5. Schritt: Anzahl der Mitstreiter vergrößern

Wenn Sie schon Mandant:innen digitalisiert haben, haben Sie einen oder mehrere Mitarbeitende, die das umgesetzt haben. Nehmen Sie diese von Anfang an mit ins Boot. Ihre Mitstreitenden bei der Digitalisierung sind bereits Ihre Verbündeten. Sie sind überzeugt und wirken besonders intern als Multiplikatoren der Sache. Geben Sie ihnen den Rahmen, die Standards, Argumente, Anreize und Konsequenzen an die Hand, damit sie nach und nach mehr Mitarbeitende und Mandant:innen auf Ihre Seite bekommen. Denn hier sei nochmal gesagt: Es liegt nie nur an der Mandantschaft – wenn ich nicht selbst überzeugt bin, verbleibe ich im Konjunktiv und meist oberflächlich: Wir könnten, müssten, sollten mal … Das ist das Gegenteil von „in die Umsetzung“ kommen. Die Pflicht zur E-Rechnung im B2B ab 2025 ist die große Chance, um die gesamte Mandantschaft zu einer digitalen Zusammenarbeit zu bewegen – und: Sie wird allen die Konsequenzen aufzeigen, die nicht in die Umsetzung kommen.

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Johannes Franz
Weitere Beiträge

Johannes Franz unterstützt Steuerkanzleien dabei, ihre Produktivität durch gezielte Digitalisierung und Automatisierung zu steigern – und damit zukunftssicher aufzustellen. Nach dem Studium der Organisationsentwicklung arbeitete er als Junior-Berater mit dem Schwerpunkt Reorganisation von Steuerkanzleien. Anschließend war er als Leiter IT & Digitalisierung bei der mittelständischen Steuerberatungsgesellschaft Acconsis tätig. Mit seiner Dienstleistung Chief Digital Officer as a Service (CDOaaS) hilft er Steuerberater:innen, die ihre Kanzlei digitalisieren wollen, im Kanzleialltag aber keine Zeit dazu finden.

Bild: Adobe Stock/©Nuthawat, edited.

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