kanzlei automatisieren

Von Carina Osthold

Stellen Sie sich einmal vor, der Kanzleitag beginnt mit einer großen Tasse Kaffee in der Hand in Ihrem Büro. Vorfreude auf den Tag. Das E-Mail-Postfach ist leer, einen Scanner gibt es nicht mehr, der Drucker wird kaum noch genutzt. Den Poststapel auf Ihrem Schreibtisch vermissen Sie schon lange nicht mehr. Mit einem Klick erinnern Sie Mandantinnen und Mandanten an die Einreichung offener Belege, stellen fest, dass die Jahresabschlüsse bereits signiert wurden und dass wichtige Dokumente ohne Ihr Zutun bereits in ihrer gewohnten Kanzlei-Systemumgebung abgelegt sind. Sie haben Zeit und freuen sich darauf, einen langjährigen Mandanten ausführlich zu beraten.

Eine Wunschvorstellung, sagen Sie? Sie kann schnell Wirklichkeit werden.

In diesem Beitrag lesen Sie, warum genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, die Digitalisierung der Kanzleiprozesse anzugehen und wie Sie mit dem digitalen Dokumentenaustausch und digitalen Signaturen den ersten Schritt zur papierlosen Kanzlei machen können – und welche positiven Auswirkungen sich daraus für Ihre Kanzlei und Ihre Mandantinnen und Mandanten ergeben.

Zeitersparnis durch digitalen Dokumentenaustausch

Die Zeiten, in denen Papierdokumente mühsam sortiert, kopiert und verschickt werden mussten, sind vorbei. Plattformen und Tools für den digitalen Dokumentenaustausch ermöglichen Steuerkanzleien Dateien in Echtzeit, verschlüsselt und DSGVO-konform zu übermitteln. Ein zentraler Aspekt ist die enorme Zeitersparnis. Kein langes Warten auf den Postweg, kein Zeitverlust am Scanner oder Warten auf den nächsten persönlichen Termin zur Signatur auf Papier. Der schnelle und nahtlose Austausch elektronischer Dokumente ermöglicht es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Beratung der Mandantinnen und Mandanten.

Doch neben der Zeit gibt es noch weitere Einsparpotenziale: Papier, Druckertinte und Porto sind Kostenfaktoren, die durch die digitale Transformation minimiert oder sogar eliminiert werden können. Ein moderner, effizienter Workflow bedeutet für die Kanzlei nicht nur eine höhere Produktivität, sondern auch eine verbesserte Kostenstruktur – ein nicht zu unterschätzender Faktor in einem wettbewerbsintensiven Umfeld.

Ist die digitale Signatur der handschriftlichen Signatur gleichzusetzen?

Zu einer papierlosen Kanzlei gehört die digitale Signatur. Da stellt sich die Frage, ob digitale Signaturen die Integrität vertraulicher Informationen und gesetzlicher Bestimmungen sicherstellen können. Ist die digitale Signatur der handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt? Ja, denn eine digitale Signatur ist mehr als nur ein Bild einer Unterschrift. Sie basiert auf kryptografischen Verfahren und gewährleistet die Integrität und Authentizität von elektronischen Dokumenten. Das bedeutet, dass Mandantinnen und Mandanten sowie Kanzleimitarbeitende sich sicher sein können, dass ein Dokument nicht verändert wurde und von einer vertrauenswürdigen Quelle stammt. Zudem bieten digitale Signaturen eine rechtliche Bindung, die mit den herkömmlichen Unterschriften, dank der eIDAS-Verordnung, gleichgesetzt sind. Dies ist besonders wichtig für die rechtsverbindliche Unterzeichnung von Jahresabschlüssen, Steuererklärungen, SEPA-Lastschriftmandaten, Verträgen und anderen Dokumenten.

Positive Auswirkungen auf Ihre Kanzlei und Ihre Mandantinnen und Mandanten

Die Bedürfnisse der Mandantschaft ändern sich. Die heutige Generation von Mandantinnen und Mandanten erwartet eine nahtlose digitale Erfahrung in der Zusammenarbeit. Eine Steuerkanzlei, die diese Erwartungen erfüllt, hebt sich von der Konkurrenz ab und gewinnt Vertrauen. Die Implementierung eines effizienten digitalen Dokumentenaustauschs und der Einsatz digitaler Signaturen zeigen, wie die Steuerkanzlei ihre Mandantschaft dabei unterstützen kann, sogar neue, zeitsparende digitale Prozesse einzuführen, Abläufe zu automatisieren und dadurch den digitalen Fortschritt gemeinsam zu gestalten. So können sich beide Seiten auf wichtige Inhalte konzentrieren und Mehrwerte schaffen, anstatt sich mit dem Austausch von Daten zu beschäftigen.

Die verbesserte Zusammenarbeit mit der digitalen Generation von Mandantinnen und Mandanten ist jedoch nicht der einzige Vorteil. Die Möglichkeit, Dokumente sicher und digital auszutauschen und zu signieren, eröffnet auch die Chance, Mandantinnen und Mandanten überregional zu betreuen, ohne dass eine physische Präsenz notwendig ist. Dies erweitert den potenziellen Mandantenkreis erheblich und ermöglicht  den Kanzleien, sich als flexibel und kundenorientiert zu positionieren. Eine papierlose Kanzlei trägt auch dazu bei, hochqualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und den Problemen durch bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die jüngere Generation von Steuerexpertinnen und -experten ist mit digitalen Technologien aufgewachsen und bevorzugt Arbeitsumgebungen, die ihren digitalen Erwartungen entsprechen. Eine Kanzlei, die den Übergang zur Digitalisierung erfolgreich gemeistert hat, kann sich als attraktive Arbeitgeberin positionieren und die besten Talente rekrutieren, die sich von modernen Arbeitsmethoden und einer fortschrittlichen Denkweise angezogen fühlen.

Das Tax Tech-Magazin Spezial

Die papierlose Steuerkanzlei

Praxistipps für die Umsetzung von digitalen, nachhaltigen und effizienten Prozessen

Warum trotz Bedenken jetzt gehandelt werden muss

Die Umstellung von traditionellen papierbasierten Prozessen auf digitale Arbeitsweisen kann auf den ersten Blick einschüchternd wirken. Die Einführung neuer Technologien, die Schulung der Mitarbeitenden und die Änderung bewährter Abläufe erfordern Zeit, Ressourcen und Mut. Lösungsanbieter sind sich dessen bewusst: Deshalb bieten sie umfassende Unterstützung bei der technischen Einrichtung und Schulung der Mitarbeitenden, um eine sofortige und effiziente Arbeitsweise in der Steuerberatungskanzlei zu ermöglichen.

Digitale Lösungsanbieter haben die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit mit Steuerberaterinnen und -beratern erkannt. Sie schaffen Schnittstellen zwischen bewährten Systemen, um die Integration ihrer Produkte und Dienstleistungen zu erleichtern. Wenn digitale Werkzeuge nahtlos mit den bewährten Systemen interagieren können, wird die Digitalisierung erleichtert.

Die Zusammenarbeit bietet darüber hinaus den Vorteil, spezifische Bedürfnisse und Herausforderungen der Branche besser zu verstehen. Dies ermöglicht den Anbietern, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die die Anforderungen der Steuerberaterinnen und Steuerberatern, sowie ihrer Mandantschaft im Kern erfüllen und spezifische Prozesse automatisieren.

Die ersten Schritte:

  • Bewusstsein schaffen: Schaffen Sie zunächst ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Digitalisierung in Ihrer Kanzlei. Diskutieren Sie mit Ihren Mitarbeitenden und Partnerinnen und Partnern über die Vorteile digitaler Tools und Prozesse.
  • Bedarfsanalyse durchführen: Ermitteln Sie die spezifischen Anforderungen Ihrer Kanzlei. Welche Bereiche könnten von digitalen Lösungen profitieren, z. B. die Buchhaltung, die Dokumentenverwaltung oder die Kommunikation mit Ihren Mandantinnen und Mandanten?
  • Ernennung eines Verantwortlichen für die Digitalisierung von Prozessen: Ernennen Sie einen Verantwortlichen in Ihrer Kanzlei, der bzw. die die Umstellung auf digitale Prozesse koordiniert und vorantreibt.
  • Digitale Lösungsanbieter kennenlernen: Verschaffen Sie sich einen Überblick über bestehende Lösungsanbieter und gehen Sie mit Ihnen aktiv in den Austausch.

Fazit: Die Vorteile überwiegen

Die Investition in die Digitalisierung der Steuerkanzlei bietet langfristig weit mehr Vorteile als Nachteile. Die anfänglichen Hürden sind spürbar, aber der Gewinn an Effizienz, Kostenersparnis und Zufriedenheit ist es wert. Mit der richtigen Begleitung und Planung verläuft die Umstellung reibungslos und leistet einen wichtigen Beitrag zu einer modernen und zukunftsorientierten Steuerkanzlei, die den Anforderungen des digitalen Zeitalters gewachsen ist.

Carina Osthold ist Mitglied der Geschäftsführung von fino KanzleiDrive. Das Unternehmen bietet eine zentrale Plattform für den effektiven Datenaustausch und die digitale Zusammenarbeit mit Mandanten und Mandantinnen. Sie beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit Kundenbedürfnissen und bringt seit 2019 ihr Wissen und ihre Erfahrung im Bereich der Digitalisierung in vielfältige Projekte und Unternehmen ein.

Bild: Adobe/©YummyBuum

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