nwb steuerberater-forum 2024

Von Nadia Neuendorf

Beim diesjährigen NWB Steuerberater-Forum ging es um Kohle. Und das im doppelten Sinne. Denn dieses Mal fand die Veranstaltung in der geschichtsträchtigen Kulisse der Zeche Zollverein statt und bot inhaltlich einige Fachvorträge um die Kanzlei auch finanziell auf sichere Beine zu stellen. Daneben war das Top-Thema des Jahres einmal mehr Künstliche Intelligenz (KI) in der Steuerkanzlei. Was Sie verpasst haben, wenn Sie nicht dabei sein konnten, haben wir hier für Sie zusammengefasst:

Mit KI täglich vier Stunden einsparen

Den Auftakt machte Kristiina Coenen, Steuerberaterin bei Deloitte, mit ihrem Vortrag „KI in der Steuerberatung: Fluch oder Segen?“. Sie betonte, dass KI in wirklich jeder Kanzlei zu Effizienzgewinnen führe. Ein guter Start sei es beispielsweise, Stellenanzeigen oder Social Media-Posts mit ChatGPT verfassen zu lassen oder Texte zusammenzufassen. Sie selbst würde durch die Kombination von generativer KI und maschinellem Lernen täglich vier Stunden einsparen. Kanzleiübergreifend wurde bei Deloitte ein „Tax and Legal AI Assistant“ eingeführt. Dieser optimiert das kanzleiweite Wissensmanagement, indem die KI sämtliche Inhalte aller Dokumente erfasst. Die so entstandene Wissensdatenbank liefert bessere Suchergebnisse und ermöglicht es, mit den Dokumenten zu chatten, um auf schnellstmögliche Art und Weise die gerade benötigte Information zu erhalten.

Kristiina Coenen über die KI-Implementierung bei Deloitte

Gewinnoptimierung in der Steuerkanzlei

Den zweiten Vortrag des Tages „Die rentable Kanzlei: Führen durch operatives und strategisches Controlling“ leitete Steuerberater Prof. Dr. Stephan Knabe ein mit den plakativen Worten „Wie werde ich reich?“.
Wesentliche Stellschrauben zur Optimierung des Kanzleigewinns sieht er in der Honorarplanung und dem optimalen Einsatz von Mitarbeiterressourcen. So führten Spezialist:innen (z. B. für internationale Mandant:innen oder E-Commerce) laut Knabe zu größeren Effizienzgewinnen als Allrounder:innen. In seiner eigenen Kanzlei gebe es separate Teams für Lohn, Buchhaltung und Jahresabschlüsse. Außerdem müsse stetig geplant und besprochen werden, wer wie ausgelastet ist und die Arbeit entsprechend umverteilt werden. Ebenso werde erfasst, wie produktiv einzelne Mitarbeitende sind und wie viel Prozent ihres Soll-Umsatzes (dreifaches Mitarbeitergehalt) sie bereits erreicht haben. Bei der Analyse der Zahlen helfen neben Excel auch Tools wie Ingentis und Cheftresor.
Auf der Honorarseite appellierte Knabe an seine Kolleg:innen, sich nicht unter Wert zu verkaufen und höhere Stundensätze zu verlangen.

Der Mensch im Mittelpunkt

Steuerberater Dirk Trinn stellte dagegen nicht die monetäre, sondern die menschliche Seite in den Vordergrund. In seinem Vortrag „Feedback-Kultur und coachender Führungsstil“ berichtete er von seinen eigenen Erfahrungen als Partner und Führungskraft. Leitbild sei dabei die Führungskraft als Ermutiger und Unterstützer der Mitarbeitenden. Wesentliches Instrument guter Führung sei das Feedbackgespräch – für die wichtigste Ressource jeder Kanzlei, die Mitarbeitenden, müsse deutlich mehr Zeit investiert werden, so Trinn. Seine Empfehlung: drei bis vier Feedback-Gespräche pro Jahr, bei denen nicht nur Ergebnisse, sondern auch Fortschritte, Schwierigkeiten und motivationale Themen besprochen werden sollten.
Er betonte, wie wichtig es sei, die Mitarbeitenden aktiv in die Entwicklung von Lösungen einzubeziehen, statt ihnen fertige Antworten zu liefern.

ChatGPT, MS Copilot & Co: Einsatz in der Steuerkanzlei?

Das Programm des ersten Tages wurde mit einer Bestandsaufnahme von KI-Berater für Steuerkanzleien Jan Dobinsky fortgesetzt: Wie weit sind ChatGPT, Copilot und verwandte KI-Programme schon und welche eignen sich eigentlich für den Einsatz in der Steuerberatung?

Was den Einsatz von ChatGPT in der Steuerberaterbranche betrifft, verriet der KI-Experte, dass eine klassische Nutzung von ChatGPT für Kanzleien nicht so gewinnbringend und sicher sei wie die Nutzung eines KI-Tools oder einer Datenbank, die das System des KI-Chatbots nutzt. Während einige Anbieter hier noch auf sich warten lassen, bieten andere wie Deubner, Haufe und Otto Schmidt bereits Gutachtenservices oder Zusammenfassungen von Urteilen an. Ab dem 30. September bietet NWB mit Kira auch offiziell eine KI-gesteuerte Recherche-Assistenz, die steuerliche Fachfragen beantwortet.

Für die Verfahrensdokumentation eigne sich ChatGPT hingegen ziemlich gut – hier lieferte der KI-Berater auch einen nützlichen Prompt:

Prompt-Tipp zur Verfahrensdokumentation von Jan Dobinsky

Copilot ist nach Einschätzung des Beraters noch nicht ausgereift und scheitert bei der Anwendung in Excel bereits an einfachen Aufgaben. Hier empfiehlt er, mit der Integration von Copilot in die MS-Office Programme noch zu warten. Ein weiterer Bereich, in dessen Entwicklung derzeit viel Geld investiert wird, sind ERP-Systeme. Hier ist allerdings noch nicht absehbar, wann die KI-Copiloten für Programme wie SAGE und Microsoft Dynamics wirklich gut sein werden.

Daten als Grundlage für die erfolgreiche Automatisierung in der Finanzbuchhaltung

Nico Döhrn, Inhaber von tax-automate, gab in seinem Vortrag Tipps für die erfolgreiche Automatisierung in der Finanzbuchhaltung – und stellte klar, dass Automatisierung nur auf Basis guter Daten funktioniert. Als Grundlage für die Automatisierung müssen zunächst die relevanten Mandantendaten erfasst werden. Diese sollten durch eine einmalige Erfassung der Sachbearbeiter:innen gesammelt werden. Um die Arbeitslast zu senken, müssen diese Daten zentral in einer Datenbank gespeichert werden, die für alle Mitarbeitenden zugänglich ist. Bei neuen Mandaten sollten die wichtigsten Daten bereits beim Onboarding abgefragt werden, z. B.

  • Kategorie des Mandats (z. B. E-Commerce)
  • Anzahl der monatlichen Ein- und Ausgangsrechnungen
  • Verwendete Software für Ein- und Ausgangsrechnungen
  • Art der Leistung (Dienstleistung, Lieferung)
  • Bereits eingesetzte Software (z. B. zur Automatisierung)
Nico Dörn mit einem Tipp zur automatischen Verarbeitung von Kreditkartendaten

Für Analysen und erste Automatisierungen können dann die Mandant:innen gefiltert werden, z. B. alle Mandant:innen mit mehr als 1.000 Ausgangsrechnungen pro Monat und einem Digitalisierungsgrad von unter 80 Prozent.

Bei der Einführung eines Automatisierungstools für die Finanzbuchhaltung sollten ein bis zwei technikaffine Mitarbeitende in der Kanzlei verantwortlich sein und mit einer Pilotierung bei ein bis zwei Mandant:innen starten. Auch hier müssen die Prozesse für alle anderen Mitarbeitenden dokumentiert werden.

Ein kontinuierlicher Optimierungsprozess ist essenziell und Rücksprachen mit Mitarbeitenden helfen dabei, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Der Vortrag endete mit dem Hinweis, dass die Einführung von Automatisierung kein Sprint, sondern ein Marathon sei, der ständige Überwachung und Anpassungen erfordere.

Fazit

Das NWB Steuerberater-Forum 2024 hat eindrucksvoll gezeigt, wie vielfältig die Herausforderungen und Chancen der modernen Steuerberatung sind. Von der Integration Künstlicher Intelligenz über die Optimierung von Kanzleistrukturen bis hin zu neuen Ansätzen in der Mitarbeiterführung – die Themen des Events spiegeln die Dynamik einer Branche wider, die sich mitten im digitalen Wandel befindet. Wer heute erfolgreich sein möchte, muss nicht nur auf technische Innovationen setzen, sondern auch die Menschen hinter den Zahlen fördern. Es wurde deutlich: Zukunftsfähige Steuerkanzleien verbinden Technologie mit einem starken Fokus auf ihre Mitarbeitenden und strategische Führung.

Bilder: FFI-Verlag

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