Kanzlei Club

Von Michael Wohlfart

Steuerkanzleien sehen sich insbesondere seit der Coronapandemie einem kaum zu bewältigenden Arbeitsaufkommen gegenüber. Gerade in solchen Zeiten sind sie auf belastbare Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angewiesen, die ihre Aufgaben sinnvoll priorisieren. Doch das Thema Weiterbildung – vor allem abseits der fachlichen Fortbildung – bleibt in Kanzleien meist auf der Strecke. Zu Unrecht, findet Kanzleiberater Michael Wohlfart, der die neue Weiterbildungsplattform Kanzlei Club ins Leben gerufen hat: Denn wer seinem Kanzleiteam das richtige Rüstzeug an die Hand gibt, kann erhebliche Effektivitäts- und Effizienzgewinne verzeichnen. Im Interview beantwortet er Fragen zu den Lerninhalten der Plattform und verrät, welche Kompetenzen eine gute Kanzleiführung in herausfordernden Zeiten mitbringen sollte.

Herr Wohlfart, Sie haben mit dem Kanzlei Club eine neue Plattform ins Leben gerufen, auf der sich Kanzleimitarbeiterinnen und –mitarbeiter digital Wissen zu verschiedenen Themen abseits der fachlichen Weiterbildung aneignen können. Welche Themen stehen hier konkret im Mittelpunkt?

Das übergeordnete Ziel des Kanzlei Clubs lautet, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen stressfreieren und angenehmeren Kanzleialltag zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir den Schwerpunkt auf die Vermittlung von Methoden- und Sozialkompetenzen.

Es geht also beispielsweise darum, wie man seine Arbeit besser organisiert, wie man mit schwierigen Mandanten und Mandantinnen umgeht oder wie man innerhalb des Teams besser kommuniziert und an einem Strang zieht.

Zu guter Letzt schärfen wir auch den betriebswirtschaftlichen Blick und zeigen auf, wie wichtig es für alle Beteiligten ist, dass die Kanzlei wirtschaftlich agiert und Veränderungen offen gegenübersteht.

Nicht wenige Steuerkanzleien haben derzeit mit Arbeitsüberlastung und Fachkräftemangel zu kämpfen. Da scheint es auf den ersten Blick kontraproduktiv, Zeit zu schaffen, in der sich das Kanzleiteam nicht mit der Bearbeitung von Mandaten, sondern mit Themen wie Methoden- und Sozialkompetenz beschäftigt. Warum sollte man dies als Kanzleiführung dennoch ermöglichen?

Gerade weil es immer schwieriger wird, gute Fachkräfte zu gewinnen, sollten die Kanzleileitungen alles daransetzen, das Optimum aus dem bestehenden Team herauszuholen.

Abraham Lincoln hat einmal gesagt, wenn er acht Stunden Zeit hätte, einen Baum zu fällen, würde er sechs Stunden darauf verwenden, die Axt zu schärfen.

Ich denke, das trifft es ganz gut: Denn die meisten sind im Kanzleialltag mit einer stumpfen Axt unterwegs und wundern sich, dass sie nicht vorankommen. Das gilt im Übrigen für die Kanzleileitungen gleichermaßen. Es ist deshalb wichtig, kurzfristig auch mal Arbeit liegen zu lassen, um bildlich gesprochen die Axt zu schärfen, weil dies mittel- und langfristig zu einem erheblichen Effektivitäts- und Effizienzgewinn führt.

Auf der Plattform werden auch Schulungen aus dem Bereich Psychologie angeboten, z. B. über menschliche Handlungsmotive. Warum halten Sie die Vermittlung solchen Wissens auch für Kanzleimitarbeiterinnen und -mitarbeiter für relevant?

Wir Menschen neigen dazu, unsere eigenen Werte, Einstellungen und Präferenzen als Norm zu betrachten und führen deshalb in Diskussionen und Beratungssituationen gerne Argumente an, die uns selbst überzeugen würden. Das ist jedoch nicht zielführend, denn der Köder muss bekanntlich dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Beispielsweise gibt es Menschen, die aus reiner Nächstenliebe spenden, andere wiederum wollen ihren Ruf aufpolieren und zeigen, was für tolle Menschen sie sind und wiederum andere versprechen sich dadurch einen Marketingeffekt oder wollen schlichtweg ihre Steuerlast reduzieren. Die Handlung ist jeweils dieselbe, aber die Handlungsmotive könnten unterschiedlicher nicht sein.

Wenn ich ein Gespür dafür habe, wie andere Menschen ticken, kann ich diese viel besser verstehen und erreichen. Das hilft mir im Umgang mit dem Mandanten, der Kollegin, den Vorgesetzten, aber auch im Privatleben.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Kanzleien haben auch die Möglichkeit, neben den regulären Trainings an Mitarbeiter-Sprechstunden teilzunehmen. Was kann man sich darunter vorstellen?

Im Kanzlei Club bieten wir wöchentliche Online-Sprechstunden in Form von Gruppen-Zoom-Calls an. Die Mitglieder können sich hier ungezwungen einwählen und uns Fragen stellen oder einfach nur passiv teilnehmen und zuhören. Hier geht es dann häufig um Herausforderungen aus dem Alltag, also zum Beispiel schwierige Mandanten und Mandantinnen, nicht gelebte Prozesse, Fristendruck oder ähnliches. Die Kultur ist dabei so, dass nicht nur wir die aufkommenden Fragen beantworten, sondern dass auch ein offener Austausch unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern entsteht und diese sich gegenseitig unterstützen. Die Kanzleileitungen berichten uns regelmäßig, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Lösungsvorschlägen aus der Sprechstunde kommen, die im Anschluss erfolgreich im Kanzleialltag implementiert werden.

Gibt es über das Thema Weiterbildung hinaus eine Kompetenz, die eine gute Kanzleileitung Ihrer Meinung nach mitbringen sollte, um die Steuerkanzlei erfolgreich für die Zukunft aufzustellen?

Die wichtigste Kompetenz, die eine erfolgreiche Kanzleileitung aus meiner Sicht mitbringen sollte, ist, sich vollumfänglich der eigenen Rolle bewusst zu sein und diese auch konsequent zu leben. Leider agieren immer noch viel zu viele Kanzleileitungen als oberster Sacharbeiter und versäumen es, systematisch AN der Kanzlei zu arbeiten und die strategischen Themen voranzubringen.

Es geht als Kanzleileitung nicht darum, möglichst viele Jahresabschlüsse zu kloppen, sondern darum, Systeme zu schaffen, das Team zu befähigen und sich selbst entbehrlich zu machen.

Das geht sicherlich nicht von heute auf morgen – aber nur wenn ich das als Kanzleileitung aktiv für mich als Ziel ausrufe, habe ich überhaupt die realistische Chance, diesem Ziel Schritt für Schritt näher zu kommen.

Herr Wohlfart, vielen Dank für Ihre Zeit und die anregenden Impulse.

Michael Wohlfart ist Kanzleiberater und – gemeinsam mit Bastian Schoder – einer der beiden Geschäftsführer der Kanzleibooster GmbH. Die Experten unterstützen zusammen mit ihrem Team Steuerberater und Steuerberaterinnen dabei, ihre Kanzlei entspannter zu führen, ohne hierfür mehr Personal einstellen zu müssen. So haben sie bereits über 200 Kanzleien dabei geholfen, die Kanzleileitung deutlich zu entlasten, die Produktivität zu steigern und die Mandantenstruktur signifikant zu verbessern. Mehr Informationen dazu unter: kanzleibooster.de

Bild: Adobe Stock/©vegefox.com

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