Steuer-Konvent 2022

Von Nadia Neuendorf & Verena Schillmöller

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“ – mit diesen Worten begrüßte Dirk Simon, Geschäftsführer von bfd, die Zuschauer und Zuschauerinnen zum diesjährigen Steuer-Konvent – forum bfd digital. Unter dem Thema „Zukunftsimpulse: Wandel und Wachstum erfolgreich managen“ bot die virtuelle Veranstaltung am 28.06.22 wieder eine Reihe an spannenden Vorträgen zu den Themen, die die Steuerberatungsbranche momentan besonders umtreiben: Neue gesetzliche Vorgaben wie die Grundsteuerreform, Digitalisierung, Generationenwechsel und Fachkräftemangel. Zusätzlich zu den Vorträgen konnten auf der virtuellen Messe verschiedene Stände besucht und sich mit Referent:innen sowie Kolleg:innen ausgetauscht werden. Die wichtigsten Erkenntnisse haben wir für Sie in unserem Veranstaltungsbericht zusammengefasst.

Startschuss für Grundsteuerreform 2022

Die Fachvorträge starteten mit einem Thema, das alle Steuerkanzleien derzeit beschäftigen dürfte: die Grundsteuerreform. Prof. Dr. Gerhard Brüggemann führte durch die Fristen und je nach Bundesland durchaus unterschiedlich ausfallenden rechtlichen Vorgaben zur Abgabe der Feststellungserklärungen zur Neuberechnung der Grundsteuer. In elf Bundesländern gilt demnach das Bundesmodell, fünf Bundesländer haben sich für eigene Grundsteuermodelle entschieden.

Wie von Prof. Brüggemann bereits angekündigt, ist seit dem 01.07. die Schnittstellen zur Online-Übermittlung aktiv. Damit bleibt Grundstücksbesitzer:innen und deren Steuerberater:innen vorerst bis zum 31.10.22 Zeit, alle Daten zu übermitteln. Brüggemann schloss eine Verlängerung dieser Frist nicht aus, um die Masse der insgesamt 36 Mio. wirtschaftlichen Einheiten stemmen zu können. Die so ermittelten neuen Grundsteuerwerte werden der Grundsteuer ab dem 1.1.2025 zugrunde gelegt. Bis zu diesem Datum laufen altes und neues Recht parallel.

Erklärungs- und Anzeigepflichten im Rahmen der Grundsteuerreform
Abb 1: Erklärungs- und Anzeigepflichten im Rahmen der Grundsteuerreform

Grundsteuerreform digital

Dass die Grundsteuerreform digital schnell und unkompliziert umgesetzt werden kann, dieser Meinung ist Sven Peper, CEO von Taxy.io, einem digitalen Lösungsanbieter für Steuerkanzleien. Sein Unternehmen mit Sitz in Aachen hat das Tool „SmartGrundsteuer“ entwickelt. Dieses bietet eine Schnittstelle zu gängigen Kanzleisoftwares und ermöglicht, die Grundsteuerreform samt Kommunikation mit den Mandantinnen und Mandanten komplett digital und weitestgehend automatisiert abzuwickeln. Dazu gehört auch eine Funktion zur Bescheidprüfung sowie die unkomplizierte Möglichkeit, eine Einspruchserklärung an das Finanzamt abzugeben, falls bei der Prüfung Fehler erkannt werden.

Wie Tax Tech und eine neue Generation die Kanzleien von morgen prägen

Was spricht die junge Generation an und wie können Fachkräfte gewonnen werden? Das waren nur zwei der Fragen, die Chief Tax Officer Melchior Neumann von der Kontist GmBH in seinem Vortrag im weiteren Verlauf des Kongresses zu beantworten versuchte.

Um sich für die Zukunft gut aufzustellen, empfiehlt Neumann Kanzleien, sich zu spezialisieren: Das kann einerseits die Spezialisierung auf einen Aufgabenbereich sein oder aber auch auf eine bestimmte Zielgruppe, wie Soloselbstständige. Das bedeute zwar, dass man einige Mandanten und Mandantinnen nicht mehr annehmen könne, durch die Spezialisierung habe man aber wiederum eine klare Position am Markt und könne Mandate mit hoher Effizienz abarbeiten.

Für die Gewinnung von guten Fachkräften sei es laut Neumann zudem wichtig, die neuen Anforderungen der Generationen Y und Z zu kennen und diese beim Recruiting zu beachten: Diese Generationen sind größtenteils digital aufgewachsen, hier müssten Kanzleien mit digitalen Arbeitsweisen punkten.

In einer Umfrage hat sich gezeigt, was weitere wichtige Kriterien bei der Jobauswahl für diese Generationen sind:

Kriterien für die Jobauswahl der Generation Z
Abb 2: Kriterien für die Jobauswahl der Generation Z

Neumann schlug u. a. die folgenden Ansätze vor, damit Kanzleien zu Fachkräfte-Magneten werden: Führungsstil anpassen und Mitarbeiter:innen Wertschätzung zeigen, Kanzleivision erarbeiten, flexible Remote-Arbeit und persönliche Weiterbildung ermöglichen.

Existiert der Fachkräftemangel wirklich?

Der Fachkräftemangel war auch Thema des Vortrags von Kanzleiberaterin Marion Ketteler. „Ich glaube nicht an den Fachkräftemangel.“, sagte sie gleich zu Beginn ihres Vortrags 10 Mythen zum Fachkräftemangel in der Steuerberatung. „Es gibt Kanzleien, – und nicht nur in Großstädten – die eine Warteliste mit Bewerber:innen haben.“ In ihrem Vortrag räumte sie mit den häufigsten Aussagen von Steuerberatern und Steuerberaterinnen auf, die begründen sollen, warum sie keine Fachkräfte finden:

  • „Wir schalten teure Printanzeigen und niemand bewirbt sich.“ Hier gilt: Etwas Neues ausprobieren. Arbeitskräfte findet man heutzutage nicht mehr über Anzeigen in Printmedien. Auch Steuerkanzleien kommen um die digitale Ansprache nicht mehr herum.
  • „Wenn wir uns für eine:n Bewerber:in entschieden haben, hat er oder sie meist schon woanders zugesagt.“ Marion Kettelers Rat: Für schnellere Entscheidungsprozesse in der Kanzlei sorgen! Niemand wartet gerne lange auf eine Entscheidung und ein schneller und guter Onboarding-Prozess wird immer wichtiger. Melden Sie sich unverzüglich auf die Bewerbung zurück und informieren Sie Bewerber:innen über die nächsten Schritte.
  • „Was wir suchen gibt es auf dem Arbeitsmarkt sowieso nicht“ Antwort: Anders und neu denken. In vielen größeren Kanzleien sitzen an den Rezeptionen ausgebildete Hotelfachangestellte anstelle von Steuerfachangestellten. Hotelfachleute zeichnen sich durch außerordentliche Serviceorientierung aus – perfekt für einen Job an der Rezeption. Es gibt nicht den einen exakt passenden Bewerber und es gilt, auch Quereinsteiger:innen einzustellen. Ketteler prognostiziert, dass Kanzleien in zehn Jahren multiprofessioneller aufgestellt sein werden als jetzt.

Anstelle über den Fachkräftemangel zu jammern, sollten Steuerberater:innen aktiv werden und sich fragen: Was tue ich, um den Nachwuchs für die Steuerberaterbranche zu interessieren und zu begeistern?

Neue Mitarbeitende über Social Media erreichen

Indirekt beschäftigte sich auch Susanne Pannenbäcker, Geschäftsführerin von „Die Kanzleiagentur“ mit dem Fachkräftemangel. In ihrem Vortrag Erfolgreiches Social Recruiting ging es darum, wie Steuerkanzleien eine Recruiting-Strategie entwickeln, um gute Fachkräfte für ihre Kanzlei zu gewinnen. Beim Recruiting ginge es immer auch darum, sich zu verkaufen. Demnach sollten Kanzleien sich fragen, was ihr „Produkt“ ist, das sie verkaufen möchten. Recruiting-Kompetenzen müssten ausgebaut werden: „Wer Menschen nicht ansprechen und begeistern kann, hat letztendlich keine Auswahl mehr.“, so Pannenbecker.

Im Bereich der sozialen Medien empfiehlt sie Steuerberater:innen die Kanäle LinkedIn, XING, Instagram und Facebook – hier sei die Zielgruppe auf jeden Fall vertreten. Beim Social Recruiting ginge es darum, möglichst viel Aufmerksamkeit zu gewinnen. Dafür ist „Content King“: Die geposteten Inhalte müssen authentisch sein und zur Kanzlei passen. Der Nutzer bzw. die Nutzerin soll dadurch unterhalten werden, z. B. durch spannende Geschichten aus der Kanzlei, wie ein Jubiläum, das gefeiert wird, eine neue Mitarbeiterin, die anfängt etc. Als Positivbeispiel nannte sie die Steuerkanzlei Dr. Siegel (Instagram: steuerkanzlei_dr_siegel).

Ein weiteres wichtiges Instrument im Recruiting-Prozess sei die Stellenausschreibung. Eine Stellenanzeige sollte gute Antworten auf folgende Fragen liefern:

  • Was ist zu tun? Was sind die Highlights der Aufgabe? Wie sieht der typische Arbeitsalltag aus?
  • Warum ist dieser Job wichtig für Ihre Kanzlei?
  • Wo ist der Arbeitsort?
  • Wie viele Stunden (Teilzeit/Vollzeit?) konkret?
  • Was wird dafür geboten? Ist eine Gehaltsangabe vorhanden?
  • Wie kann ich mich bewerben?

Und wann postet man die Stellenanzeige am besten? Susanne Pannenbäcker empfiehlt montags. An diesem Wochentag suchten Büromitarbeitende am häufigsten nach einem neuen Job.

Die papierlose Steuerkanzlei

„Fit for Fun“ war gestern – Digitalisierung als „Must-have“, so lautete das Thema des Vortrags von Steuerberater Christian Deák. Er berichtete davon, wie er seine Kanzlei digitalisiert und in diesem Zuge 7,5 Tonnen Papier verbannt hat. Dass das nicht immer reibungslos klappe und auch falsche Entscheidungen zu diesem Prozess dazugehörten, sei unvermeidlich, doch die vielen Vorteile seien nicht von der Hand zu weisen: Neben der Arbeitserleichterung führe die Modernisierung natürlich zu einem höheren Verkaufserlös, sollte man sich einmal von der eigenen Kanzlei trennen wollen. Doch noch entscheidender: die unmittelbaren Vorteile für die eigene Arbeit. Dazu zählte er

  1. Zeitersparnis,
  2. medienbruchfreie Workflows,
  3. ortsunabhängiges Arbeiten,
  4. sowie bessere Chancen bei der Mitarbeitersuche.

Zudem arbeite seine Kanzlei mittlerweile komplett ohne Sekretariat. Andere Bereiche, die sich zur Digitalisierung und Automatisierung eigneten, seien FiBu, Lohn und Jahresabschlüsse. Tools, die seine Kanzlei nutzt, seien u. a.

  • Stackfield (als Kommunikations- und Organisationstool),
  • OneNote (zum Qualitätsmanagement),
  • Personio (interne Mitarbeiterverwaltung),
  • Calendly (Terminvergabe),
  • und kanzlei.land (Mandantenkommunikation).

Und speziell für die Buchführung:

  • fastbill,
  • lexoffice,
  • Taxdoo,
  • GetMyInvoices,
  • Amainvoice,
  • und sevDesk.

Das rein digitale Arbeiten, auch in der Kommunikation mit Mandantinnen und Mandanten führte dazu, dass seine Arbeit nicht mehr länger ortsgebunden ist und Steuerberatung deutschlandweit erfolgen kann.

Fazit: Mit Fokus auf Digitalisierung und Mitarbeitergewinnung in die Zukunft

Der diesjährige Steuer-Konvent versprach einen Rundumblick für die Steuerbranche und bot einen Tag voller praxisbezogener, relevanter Themen für Steuerberaterinnen und Steuerberater. Konnte hier nur auf einzelne der zahlreichen Fachvorträge eingegangen werden, lässt sich zusammenfassend sagen, dass es dem Veranstalter und den Referent:innen gelungen ist, zentrale Themen der Steuerberaterbranche wie Grundsteuerreform, Mitarbeitersuche und Digitalisierung in nachvollziehbarer, nicht abgehobener Art und Weise aufzubereiten, sodass sicher einige wichtige Zukunftsimpulse für die eigene Kanzlei mitgenommen werden konnten.

Foto: bfd buchholz-fachinformationsdienst GmbH

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