besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beST)

Von Prof. Dr. Henning Müller

Obwohl gerade sowohl in der Steuerberatung als auch in der Steuerverwaltung die Digitalisierung schon viel weiter vorangeschrittenen ist, als in anderen öffentlich-rechtlichen Disziplinen, hatte das Prozessrecht die Steuerberaterinnen und Steuerberater bislang deutlich schlechter gestellt, als die Rechtsanwaltschaft. Während Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bereits seit 2018 unter Nutzung ihres besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) ohne qualifizierte elektronische Signatur mit Gerichten korrespondieren konnten, mussten Steuerberaterinnen und Steuerberater bislang entweder auf althergebrachte Methoden – Post oder Telefax – oder „digitale Umgehungslösungen“ wie die De-Mail oder das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) mit qualifizierter elektronischer Signatur setzen. Ab dem 1.1.2023 kommt mit dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) die digitale Lösung für die Justizkommunikation.

Dabei ist nicht nur die Abkürzung vielversprechend. beSt basiert auf der mittlerweile bewährten EGVP-Technik, die auch dem beA zugrunde liegt, und ist der erste Anwendungsfall der Steuerberaterplattform. Es vereinfacht – ebenfalls dem beA entsprechend – die Justizkommunikation, weil bei Nutzung des beSt die Identität des Absenders durch den Abgleich mit dem Berufsregister der zuständigen Steuerberaterkammer erfolgt. Weder eine qualifizierte elektronische Signatur noch eine handschriftliche Unterschrift sind hierfür erforderlich.

Warum elektronisch mit Gerichten kommunizieren?

Für Steuerberaterinnen und Steuerberater ist die elektronische Kommunikation mit der Steuerverwaltung selbstverständlich. Die gerichtliche Korrespondenz war dagegen in den meisten Kanzleien durch Medienbrüche geprägt – sowohl auf Seiten der Gerichte als auch in der Kanzlei selbst.

Die Vorteile der rechtssicheren digitalen Kommunikation für die Gerichte liegen auf der Hand. Gerade die Corona-Pandemie hat die Vorteile der Digitalisierung auch in der Justiz aufgezeigt. Erfolgt der Postumlauf weitgehend digital, ist er auch im Homeoffice und mit geringerer Personalstärke vor Ort bearbeitbar. Zudem erleichtern elektronisch vorliegende Dokumente und Akten auch den weiteren Einsatz digitaler Hilfsmittel, bspw. Verhandlungen im Wege der Videokonferenz. Gleiches gilt für die Verfahrensbeteiligten, denn elektronische Dokumente sind ortsunabhängig erstellbar, bearbeitbar und versendbar – unabhängig von Kanzleiräumen oder – im schlimmsten Fall – Quarantäne-Anordnungen.

Ferner erfolgt der Versand ohne Postlaufzeiten. Aufgrund automatisierter Eingangsbestätigungen der Gerichte sind der Zugang und die Fristwahrung leicht prüfbar, durch das hochsichere EGVP bestehen keine Datenschutzbedenken. Letztlich wird ein durchgängig elektronischer Geschäftsprozess zudem schlicht erwartet: Von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Mandantschaft.

Rechtliche Rahmenbedingungen des beSt

Die gesetzliche Einführung des beSt erfolgte durch das am 7. Juli 2021 verkündete „Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften“. Das beSt wird darin durch eine Änderung des Steuerberatungsgesetzes geschaffen.

Wie beim beA der Rechtsanwaltschaft richtet die Bundessteuerberaterkammer gem. § 86d StBerG für jede Steuerberaterin und jeden Steuerberater, sowie die Steuerbevollmächtigen und gem. § 86e StBerG für jede ins Steuerberaterverzeichnis eingetragene Berufsausübungsgesellschaft ein beSt ein. Wie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auch, haben Steuerberaterinnen und Steuerberater das beSt empfangsbereit vorzuhalten und gem. § 86d Abs. 6 StBerG Mitteilungen und Zustellungen zur Kenntnis zu nehmen. Das beSt darf daher keinesfalls ignoriert werden.

Die Identitätsprüfung erfolgt gem. § 86c StBerG durch die Bundessteuerberaterkammer. Für den Zugriff auf das Postfach wird die Steuerberaterplattform genutzt. Steuerberaterinnen und Steuerberater sind verpflichtet, sich hierfür mit einem Nutzerkonto zu registrieren.

Prozessrechtlicher Clou ist, dass das beSt ein sog. „sicherer Übermittlungsweg“ für den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz in sämtlichen Prozessordnungen ist. Für das finanzgerichtliche Verfahren ist dies in § 52a Abs. 4 Nr. 2 FGO geregelt.

Pflicht zur Nutzung des beSt?

Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens nur ein Jahr nach Verkündung am 1. August 2022 erfolgt die Umsetzung durch die Bundessteuerberaterkammer durchaus unter Zeitdruck. Gem. § 157e StBerG sind die neuen Regelungen zur Steuerberaterplattform allerdings erst ab 31. Dezember 2022 anwendbar. Das beSt muss also ab dem 1.1.2023 nutzbar sein – und auch (jedenfalls zunächst passiv – d. h. für den Empfang) genutzt werden (sog. „passive Nutzungspflicht“). Es steht zu erwarten, dass insbesondere die Finanzgerichte hiervon schnell Gebrauch machen werden.

„Die sog. „aktive Nutzungspflicht“ – d. h. die Pflicht, das beSt ausschließlich für die gerichtliche Korrespondenz zu nutzen – ist nach der aktuellen Gesetzeslage § 52d FGO geregelt. Da das beSt ein sicherer Übermittlungsweg gem. § 52a Abs. 4 Nr. 2 FGO ist, tritt sie mit der tatsächlichen Zurverfügungstellung des beSt durch die Bundessteuerberaterkammer ein (d. h. am 1.1.2023), sofern der Gesetzgeber nicht zuvor noch in § 52d FGO eine Übergangsfrist aufnimmt.“

Formanforderungen bei Nutzung des beSt

Bei Nutzung des beSt für die gerichtliche Korrespondenz sind die gleichen Formanforderungen zu wahren, wie von der Rechtsanwaltschaft bei Nutzung ihres beA. Zu beachten sind deshalb die besonderen Formvorschriften des elektronischen Rechtsverkehrs, die sich gem. § 52a Abs. 2 Satz 2 FGO vor allem aus der bundesweiten Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr (ERVV) ergeben.

Vorgaben an das Dateiformat

Gem. § 2 Abs. 1 ERVV ist das elektronische Dokument in

  • druckbarer,
  • kopierbarer und,
  • soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form (d. h. texterkannt),
  • im Dateiformat PDF zu übermitteln.

Zusätzliche Beschränkungen ergeben sich aber aus den Bekanntmachungen der Bundesregierung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 ERVV (die sog. ERVB). Diese sind unter justiz.de einsehbar. Die ERVB verbietet – vor allem mit Blick auf die IT-Sicherheit der Gerichte – insbesondere:

  • aktive Inhalte (d. h. in den Schriftsatz eingebettet weitere Dateien, Makros etc.)
  • die fehlende Einbettung genutzter Schriftarten.

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Einhaltung der Formvorgaben keine Hexerei

Die Formvorgaben klingen kompliziert und technisch. Ihre Einhaltung ist aber kein Kunststück; vielmehr löst eine einzige Einstellung in der Textverarbeitungssoftware fast sämtliche Probleme: Schriftsätze sollten idealerweise im Format PDF/A abgespeichert werden. In Microsoft Word lässt sich dies beim Speichervorgang als PDF unter Optionen („ISO-19005-1-kompatibel (PDF/A)“) einmalig einstellen. Dadurch werden Druckbarkeit, Kopierbarkeit, keine aktiven Inhalte und Einbettung von Schriftarten automatisch sichergestellt.

Ferner gelten die Formatvorgaben trotz des insoweit irreführenden Wortlauts des § 52a Abs. 1 FGO nur für den Schriftsatz selbst, nicht für als Anlage beigefügte (elektronische) Beweismittel; bspw. eingescannte Belege, Akten, tabellarische Übersichten etc. Diese können – sofern für das Gericht lesbar – in einem beliebigen Dateiformat beigefügt werden. Im Falle von Beweismitteln sollte sogar auf eine Umwandlung in PDF verzichtet werden, weil die Formatwandlung den Beweiswert reduziert.

Elektronische Unterschrift

Versendet die den Schriftsatz verantwortende Person (Steuerberaterin oder Steuerberater) das beSt selbst (d. h. ist selbst eingeloggt und drückt den Sende-Button), genügt unter dem Schriftsatz die sog. einfache Signatur (d. h. der maschinenschriftliche Name oder die eingescannte Unterschrift). Versendet jemand anderes (bspw. das Sekretariat) muss das Dokument dagegen qualifiziert elektronisch signiert werden; auch, wenn es über das beSt versandt wird.

Postausgangskontrolle sicherstellen

Wird das beSt aktiv für die gerichtliche Korrespondenz genutzt, ist zur Vermeidung von Haftungsfällen eine Postausgangskontrolle zu etablieren, um den Sorgfaltspflichten zu genügen. Hierzu gehört insbesondere das ausgehende Dokument zweckmäßig zu benennen (bspw. Klageschrift) und die automatische Eingangsbestätigung des Gerichts gem. § 52a Abs. 5 FGO aufzubewahren. Diese erbringt einen Anscheinsbeweis für die fristwahrende Übermittlung.

To-dos:

  • Mit Bereitstellung der Steuerberaterplattform Nutzerkonto anlegen.
  • Passive und aktive Nutzungspflicht ab 1.1.2023 beachten.
  • Schriftsätze konsequent als PDF/A abspeichern.
  • „Sprechende Dateinamen“ verwenden.
  • Postausgangskontrolle: Insbesondere automatisierte Eingangsbestätigungen der Gerichte prüfen und aufbewahren.
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Prof. Dr. Henning Müller ist Direktor des Sozialgerichts Darmstadt, Lehrbeauftragter der Philipps-Universität Marburg und der Hochschule Ludwigshafen. Zudem ist er Mitherausgeber des beckOKG-SGG und der Zeitschrift „Recht Digital“ (RDi), sowie Herausgeber des Blogs ervjustiz.de zum elektronischen Rechtsverkehr.

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