Metaverse

Von Bernhard Lang

Der Begriff Metaverse geistert seit geraumer Zeit und immer öfter durch die Medien. Viele Unternehmen und Kanzleien sind interessiert an den Möglichkeiten, die das Metaverse bietet, gleichermaßen geht das Thema bislang an den meisten vorbei. Die Gründe dafür sind vielseitig. Jedoch ist die Unwissenheit ein wesentlicher Faktor für den mangelnden Einsatz des Metaverse, aber auch fehlende Infrastruktur, hohe Anforderung an die Hardware und ein mangelndes Angebot an sinnvollen Einsatzmöglichkeiten. Dieser Artikel soll einen Überblick geben, was das Metaverse ist, welche Einsatzmöglichkeiten heute sinnvoll sind und welche Perspektiven es für Steuerkanzleien mit sich bringt.

Ursprung in der Gamingwelt – was ist das Metaverse?

Das Metaverse kann man sich als virtuelle Umgebung vorstellen, in der man mit anderen Teilnehmenden mittels eines Avatars interagiert. Dabei gibt es vielseitige Interaktionsmöglichkeiten in verschiedenen Umgebungen. Es können unterschiedliche Räume und Gebäude betreten, das Aussehen des Avatars verändert, Gespräche geführt oder Inhalte geteilt werden. Durch die Möglichkeiten der Virtual Reality (VR) wird diese Art der Immersion so gestärkt, dass man sich nach einiger Zeit als Teil der Umgebung sieht und die Grenzen zwischen Realität und virtueller Realität verschwimmen.

Das Szenario Metaverse hat durch die Gamingwelt eine größere Bekanntheit erlangt– vor allem durch das Computerspiel „Fortnite“, indem man einen fiktiven Charakter durch eine offene Welt steuert. In der „Fortnite“-Welt gab es bereits erste Ansätze der Monetarisierung oder der Nutzung des Metaverse-Ansatzes zu Geschäftszwecken: Aufgrund vieler hundert Millionen registrierter Spielerinnen und Spieler entschied sich Marvel besondere Figuren und „Skins“ aus seinem Superheldenuniversum unterzubringen, um einen „Avengers“-Film zu bewerben.

Metaverse-Anwendungsbeispiele

Es gibt bereits einige Anwendungsfälle im B2B- und im B2C-Bereich. Dazu trägt einerseits die immer bessere Hardwareausstattung der Unternehmen bei, andererseits die wachsenden Internetgeschwindigkeiten: Denn Metaverses sind Cloudlösungen, die das gemeinsame Interagieren über Ländergrenzen hinweg ermöglichen – aber eben auch hohe Anforderungen an Grafikkarten, Rechenleistung und Internetverbindungen stellen.

Ein konkretes Beispiel für die Monetarisierung des Metaverse sind Unternehmen, die individuelle digitale Welten für Unternehmen bauen. Dabei werden digitale Shops erstellt in denen Showrooms existieren. Nutzerinnen und Nutzer können sich innerhalb dieser virtuellen Welt nicht nur bewegen, sondern gleich den Artikel als digitales Abbild betrachten und direkt kaufen. Diese Anwendungen zeigen – etwa für den E-Commerce-Bereich – was möglich ist.

Metaverse-Szenarien für Steuerberater:innen

Für Steuerkanzleien sind ebenfalls Szenarien denkbar: Erste Anbieter ermöglichen bereits den Kauf virtueller Grundstücke. Es wäre also möglich, eine Kanzlei im Metaverse zu eröffnen und so Mandant:innen innerhalb dieser digitalen Welt zu betreuen.

Selbstverständlich können Kanzleien schon heute digitale Meetings über verschiedene Lösungen organisieren, doch geht die Metaverse-Erfahrung darüber hinaus. Zudem ist davon auszugehen, dass das Metaverse wächst, sich mehr Unternehmen dort positionieren und sich Privatpersonen dort aufhalten. Das Metaverse symbolisiert nämlich nicht nur eine virtuelle Welt, sondern ebenfalls eine neue, greifbarere Ebene des Internets. So könnte eine Kanzlei ihre Dienstleistungen sehr gut darstellen und unabhängig vom Standort das digitale Abbild nach eigenen Wünschen gestalten. Das bedeutet für jede Kanzlei einen Imagegewinn als moderner und digitaler Partner der Mandantschaft.

Dasselbe gilt beim Thema Mandantenveranstaltungen: Wenn viele Mandant:innen geographisch auseinanderliegen, wäre eine Mandantenveranstaltung im Metaverse durchaus ein Mittel, um sie ohne Raumkosten, Anreise und Catering durchzuführen. Ganz unabhängig davon, dass die Betreuung der Mandantschaft durch das Metaverse die Akquise von Mandant:innen ermöglicht, die nicht in der Umgebung sitzen – Steuerberater:innen sind dann virtuell „vor Ort“. Eine Chance für neue Geschäftsmodelle.

Wolters Kluwer Tax & Accounting hat Ende 2022 virtuelles Land und Immobilien auf den Blockchain-basierten Plattformen Decentraland und Somnium Space erworben. Die Gebäude im Metaverse für virtuelle Meetings und Kundenveranstaltungen werden derzeit ausgebaut. Darüber hinaus entstehen Produkte und Dienstleistungen, die Arbeits- und Kooperationsprozesse in Unternehmen und Kanzleien optimieren und dadurch die Produktivität und Effizienz steigern.

Metaverse: Chancen und Risiken für Kanzleien

Es gibt also bereits Metaverse-Szenarien mit denen sich Kanzleien besser positionieren und Innovationskraft vermitteln können – teilweise bestehen jedoch technische Limitationen.

Die oben genannten Anwendungsfälle zeigen: Das Metaverse eröffnet neue Möglichkeiten für eine bessere Mandantenbeziehung und zusätzliche Geschäfte. Zugleich müssen sich Kanzleien bewusst sein, dass es Herausforderungen und Risiken gibt.

Ein Beispiel sind die hohen Anforderungen an Hardware und Bandbreite: Zum einen sind auf Kanzlei- und möglicherweise Kundenseite erhebliche Investitionen in passende Brillen, Kameras, leistungsfähige Rechner und Co. nötig. Auch wenn Equipment mit steigender Beliebtheit günstiger werden könnte, sollten Kanzleien gründlich durchrechnen, welche Investitionen welchen Potenzialen gegenüberstehen. Zum anderen sind gerade im ländlichen Raum Bandbreiten ein Problem. Das schönste Metaverse ist unbrauchbar, wenn Mandant:innen eine ruckelnde, verpixelte „Welt“ vorfinden oder die Performance von Business-Anwendungen unzureichend ist.

Hinzu kommt: Jede Kanzlei sollte sich die Zeit nehmen, mögliche Anwendungsfälle und Mehrwerte für Mandant:innen zu eruieren, bevor sie sich auf den Weg ins Metaverse begibt. Ein überstürzter Einstieg auf Basis unrealistischer Erwartungen ist nicht hilfreich.

Fazit: Noch viel Zukunftsmusik mit Chance auf echte Einsatzszenarien

Das Metaverse ist mehr als nur ein Begriff, mehr als nur ein Trend und doch ist die große Mehrheit der Unternehmen und Kanzleien auf geschäftlicher Ebene noch nicht mit ausreichenden Einsatzszenarien ausgestattet, um die Verfügbarkeit in die breite Masse zu bringen. Zu sehr wird das Metaverse noch mit Gamification in Verbindung gebracht oder aber als Spielerei abgetan. Neben dieser Sichtweise spielen Faktoren wie Internetgeschwindigkeit sowie Hardwareausstattung des Anwenders eine Rolle. Ein nicht unerheblicher Faktor, um beispielsweise ein nahtloses Event- oder Betreuungserlebnis zu ermöglichen. Trotz aller Widrigkeiten sollten Kanzleien die Entwicklung des Metaverse im Auge behalten: Umstände können sich schnell ändern und neue Möglichkeiten entstehen. Genau dann gilt es, sich bereits damit befasst zu haben und die Chancen zum richtigen Zeitpunkt zu nutzen.

Bernhard Lang ist Lead Product Manager bei der Wolters Kluwer Tax & Accounting Deutschland GmbH.

Bild: Wolters Kluwer

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