Steuerberatertag

Von Nadia Neuendorf & Verena Schillmöller

„Neue Wege“, so das Motto des 45. Deutschen Steuerberatertags vom 9. bis 11. Oktober 2022 in Dresden und online: Ein Aufruf zur Weiterentwicklung und Veränderung, um aktuelle Herausforderungen des Berufsstandes zu meistern. Zu den derzeit größten Aufgaben für Steuerberaterinnen und Steuerberater zählen die hohe Arbeitsbelastung, der Fachkräftemangel sowie die Digitalisierung. Welche Maßnahmen und Lösungen das erfordert, war Thema vieler Vorträge und Diskussionen des zweitägigen Fachprogramms. Im Folgenden Veranstaltungsbericht finden Sie Einblicke in einige interessante Diskussionen und Lösungsansätze.

Entlastung und Planungssicherheit nötig

Deutscher Steuerberatertag
Eröffnungsrede vom Präsidenten des DStV Torsten Lüth

„Neue Wege sind unumgänglich.“ So startete Torsten Lüth, Steuerberater und Präsident des deutschen Steuerberaterverbands die zwei mit abwechslungsreichem Fachprogramm gefüllten Tage des 45. Deutschen Steuerberatertages. Getreu dem Motto „Neue Wege“ wurde schnell deutlich, dass die Steuerberatungsbranche in Bewegung ist.

Lüth konstatierte eine große Belastung des Berufsstands aufgrund der vielen Krisen, Reformen und Entlastungspakete, die von den Kanzleien für ihre Mandant:innen geschultert werden müssten und forderte von der Politik mehr Planungssicherheit. Steuerkanzleien wollten ihren Teil zur wirtschaftlichen Stabilität Deutschlands beitragen, doch das Belastungslimit sei erreicht. Es brauche nun ein „Steuerberater-Entlastungspaket“.

An Bundesarbeitsminister Heil appellierte er nachdrücklich, „Bürokratiemonster“ wie das Kurzarbeitergeld zu verschlanken. Dieses pandemiegeschuldete Massenverfahren mit mehr als 100.000 Anträgen belaste die Kanzleien neben den Coronahilfen zusätzlich und brauche eine angepasste, weniger kleinteilige Prüfungsstrategie auf Seiten der Verwaltung. Daher fordere der DStV Bagatellgrenzen für die Kug-Anträge. „Das würde der Praxis einen deutlichen Entlastungseffekt bescheren.“ Auf die Anfrage eines Gespräch habe Bundesminister Heil bisher allerdings nicht reagiert.

Doch neben Gesetzgebung und Verwaltung müsse sich auch in den Kanzleien selbst etwas bewegen. Denn es braucht mehr Nachwuchs in den Kanzleien; seien es Fachangestellte, BWL-Studierende oder Steuerberater:innen. Aufgabe der Branche sei es, sich digital zu präsentieren, ein positives Image zu etablieren und Positives über den Beruf zu berichten.

Die Kanzlei der Zukunft

Steuerberatertag Kanzlei der Zukunft
Isabel Blank, Prof. Dr. Robert Mayr und Torsten Lüth diskutieren über die Kanzlei der Zukunft

Wie sieht die moderne Kanzlei aus? Das diskutierten im Anschluss Isabel Blank, Geschäftsführerin von Haufe-Lexware, Prof. Dr. Robert Mayr, StB/WP sowie Vorstandsvorsitzender der DATEV und Torsten Lüth, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands. Fokus der Diskussion waren die Themen Digitalisierung, Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit und Resilienz.

Digitalisierung der Steuerkanzleien

Die Arbeitsbelastung in Kanzleien sei die derzeitige Kernherausforderung, so Blank. Dies habe die Digitalisierung etwas in den Hintergrund gedrängt, doch habe das Thema dadurch nicht an Relevanz verloren – im Gegenteil liege darin ein Teil der Lösung zum Umgang mit der hohen Arbeitsbelastung.

Automatisierung und Vernetzung, mit der Mandantschaft sowie mit der Verwaltung, gewinnen weiter an Relevanz. Und so seien sich mittlerweile alle einig, dass digitales Arbeiten hilfreich ist und Freiräume schafft. Nur im „Wie“ gebe es unterschiedliche Ausrichtungen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Digitalisierungsspielräume eng mit der Mandantenstruktur verknüpft sind; der Steuerberater bzw. die Steuerberaterin könne allein wenig ausrichten. Offenheit und Veränderungswille variierten stark je nach Branche und Altersstruktur. Doch Corona habe auch auf Mandantenseite zum Umdenken geführt, so Lüth.

„Die IT-Tools sind da“, ergänzte Mayr. Man müsse auch nicht alles auf einmal machen, man könne zunächst mit kleinen Prozessen anfangen. Besonders wichtig: das Optimieren kollaborativer Prozesse zum effizienteren Austausch mit der Mandantenseite.

Fachkräftemangel

Auch auf Mitarbeiterseite wächst der Druck zur Digitalisierung, der Fachkräftemangel zwingt die Kanzleien zu Veränderungen. Junge Mitarbeitende erwarteten ein neues, modernes Arbeitsumfeld und Flexibilität, z. B. durch hybrides Arbeiten in Büro und Homeoffice, so Mayr. Blank zeigte sich überzeugt, dass die Attraktivität der Branche bereits vorhanden sei und diese nun nach außen kommuniziert werden müsse. Hier spiele auch das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle. Wer sich diesbezüglich fortschrittlich aufstelle, verfüge über ein weiteres Diversifizierungsmerkmal. Lüth empfahl, Zusatzarbeiten mithilfe digitaler Lösungen loszuwerden, individuell auf die Mitarbeitenden einzugehen und über neue Modelle wie die Vier-Tage-Woche nachzudenken.

Fazit der Runde: Der Speed der Digitalisierung nimmt nicht ab und so sollten auch Krisen nicht davon abhalten, sich weiterzuentwickeln und Effizienzgewinne realisieren. Blank prognostizierte eine weiterhin stabile Branche. Nun heiße es, die bereits vorhandene Agilität und Attraktivität nach außen zu tragen.

KI in der digitalen Buchhaltung

Steuerberatertag Simba
Mirko Jurkovic über KI in der digitalen Buchhaltung

Neben den Bühnen mit Paneldiskussionen und Workshops zu aktuellen Themen bot das Expo-Forum Kurzvorträge von Unternehmen. Hier standen vor allem neue Softwareanwendungen im Fokus, die den Arbeitsalltag für Steuerberater:innen erleichtern sollen. So erläuterte Mirko Jurkovic von Simba Software, am Beispiel des Simba Moduls „Intelligentes Buchen“, wie Künstliche Intelligenz (KI) bereits heute die Steuerberatung in der Buchhaltung unterstützen kann: Datenerfassung und Buchungsvorgänge werden dank des Moduls automatisiert. Das System lernt aus bisherigen Buchungen und Korrekturen und kann Stammdaten automatisiert anlegen und ergänzen. Das ermöglicht effizienteres Arbeiten und mehr Zeit zur Beratung und Betreuung von Mandant:innen. Allerdings: Ohne eine gute Datengrundlage kann die KI nichts bewirken. Bereits vor Einführung der Software sollte deswegen eine gute Datengrundlage vorhanden sein, d. h. digitale Buchungen sollten im besten Fall schon vorliegen und Belege in der besten Datenqualität angeliefert werden, die möglich ist. Auch Bankdaten sollten in elektronischer Form vorliegen.

Tax Tech als Chance begreifen – eine Paneldiskussion

Paneldiskussion Tax Tech
Paneldiskussion zur Frage „Ist Tax Tech gescheitert?!“

Während der Paneldiskussion „Ist Tax Tech gescheitert?!“ diskutierten Dr. Roger Gothmann von Taxdoo, Lars Meyer-Pries von DATEV, Steuerberater Andreas Reichert und Christian Steiger von Lexware über Sinn und Zukunft von Tax Tech. Das Fazit schon einmal vorweg: Die Panelteilnehmer stimmten überein, dass Tax Tech nicht gescheitert sei, Herausforderungen seien aber klar ersichtlich.

Was ist Tax Tech eigentlich?

Das Panel begann mit der Frage nach einer Definition des Begriffs Tax Tech. Hier boten sich leicht unterschiedliche Definitionsansätze. Zum einen wurde Tax Tech als effizienter, zielgerichteter Einsatz von Technologie in der Steuerkanzlei bzw. -abteilung definiert; es wurde in einer weiteren Definition aber auch auf Tax Tech als Szene und ganz eigene Branche verwiesen. Ein anderer Ansatz war die Definition als Zusammenarbeit zwischen Software(-Unternehmen) und Menschen.

Gutes Tax Tech entstehe erst, wenn die Anwendungen erfolgreich in der Praxis eingesetzt werden. Es wurde kritisiert, dass viele Tax Tech-Unternehmen nicht „bis zum Ende“ durchprogrammierten und immer wieder Schnittstellen fehlten. Auch wurde angemerkt, dass der Begriff Tax Tech sehr schnell verwendet werde, aber nicht unbedingt alles Tax Tech sei, was als „Tax Tech“ bezeichnet werde.

Beim idealen Einsatzgebiet von Tax Tech waren sich die Panelteilnehmer einig, dass Tax Tech besonders da hilfreich ist, wo es um die Abarbeitung von stupiden, repetitiven Aufgaben und Routineprozessen gehe.

Tax Tech im Kanzleialltag

Aber wie sollten Kanzleien vorgehen, wenn sie Tax Tech(-Anwendungen) einsetzen möchten? Wichtig sei es, sich zu fokussieren und Schritt für Schritt vorzugehen: Man müsse nicht alle Projekte gleichzeitig angehen, sondern könne auch erstmal nur ein oder zwei Tools einsetzen oder verschiedene Mitarbeitende auf unterschiedliche Tools schulen.

Ebenso wurde die Frage diskutiert, vor welchen Herausforderungen Tax Tech-Unternehmen stehen, bevor sie auf den Markt gehen. Denn diese Unternehmen müssten erst einmal die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden identifizieren: Wo wird die Digitalisierung wirklich gebraucht? Eine weitere Herausforderung seien die fehlenden Schnittstellen zu bereits vorhandenen Anwendungen, die für den gewinnbringenden Einsatz von neuen Tax Tech-Anwendungen nötig sind.

Das Panel endete mit der Aufforderung, gemeinsam mutig und neugierig zu sein. Tax Tech sollte von Kanzleien auch als Chance begriffen werden, „zurück zur Beratung“ zu gehen.

Fazit: Zwei Tage voller neuer Ideen, Inspirationen und Lösungsansätze

Der 45. Steuerberatertag bot ein spannendes und abwechslungsreiches Programm, sowohl vor Ort in Dresden als auch online. Kurzweilige Panels, Vorträge und Workshops stellten sicher, dass die wichtigsten fachlichen Themen genug Raum fanden und keine Langweile aufkam. Online und offline gab es zudem genug Möglichkeiten für ausgiebiges Netzwerken. Getreu den Eingangsworten „Neue Wege sind unumgänglich“ wurde eine Vielzahl an Ideen vorgestellt, wie die Steuerberaterbranche den aktuellen Herausforderungen begegnen kann.

Der diesjährige Steuerberatertag hat gezeigt: Lösungen und Lösungsansätze sind vorhanden – jetzt liegt es an den Steuerberatungen, der Verwaltung und auch der Politik, diese tatsächlich in die Tat umzusetzen.

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Die Autorinnen sind beim FFI-Verlag im Bereich Produktmanagement und Redaktion tätig.

Bild: Deutscher Steuerberatertag 2022

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