Kanzlei Krise

Von Florian Gößmann-Schmitt

In dieser zweiteiligen Reihe möchten wir Ihnen Praktiker-Tipps und Denkanstöße dazu an die Hand geben, wie Sie die Krise als Chance erkennen und die aktuelle Situation nutzen können, um einzelne Kanzleiprozesse zu überprüfen und zu modernisieren.

Mit der richtigen Einstellung und den richtigen Werkzeugen können Sie Ihre Kanzlei trotz oder gerade wegen der aktuellen Umstände einen riesigen Schritt vorwärts bringen.

Im ersten Teil der Serie geht es um die Krisenbewältigung – gerade auch bei einer zweiten Welle –, im zweiten Teil geht es dann darum, Ihre Kanzlei und Ihre Mandanten optimal auf die Zeit nach der Krise vorzubereiten.

Homeoffice – inzwischen Pflicht statt Kür?

Gerade in unserer Branche waren und sind Wörter wie Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit oft belächelte Ideen. Die Krise hat aber deutlich gezeigt, dass man, wenn man Mitarbeiter/innen zumindest teilweise bereits mit Heimarbeitsplätzen ausgestattet hatte, deutlich weniger Kapazitäten eingebüßt hat. Denn viele Mitarbeiter/innen konnten so nach Schließung der Schulen oder im Falle einer Quarantäne nahtlos weiterarbeiten.

Ausschlaggebend für ein reibungsloses Arbeiten sind neben der nötigen EDV auch Bausteine wie ein digitales Dokumenten-Management-System, sprich digitalisierte Handakten und ein digitaler Belegaustausch mit den Mandanten. Mit beiden Bausteinen fällt es zudem deutlich leichter, die berufsrechtlichen Verschwiegenheitsverpflichtungen sowie die Voraussetzungen der DSGVO auch im Homeoffice sicher einzuhalten.

Gerade für die Lohnabteilung muss die Möglichkeit weiterzuarbeiten und eine reibungslose Abwicklung von KUG-Anträgen und Löhnen zu gewährleisten, oberste Priorität haben. Auch im Hinblick auf eine zweite Welle sollten also zumindest die Mitarbeiter/innen der Lohnabteilung entsprechend ausgestattet und einsatzbereit sein.

Firmen wie Twitter bieten ihren Mitarbeiter/innen an, teilweise bis zum Jahresende vollständig von zu Hause aus zu arbeiten. Die Praxis hat gezeigt, dass ein gesunder Mix aus Homeoffice und Präsenztagen in der Regel zu optimalen Ergebnissen führt – wir bieten daher schon seit zwei Jahren allen Mitarbeiter/innen an, 40 % Ihrer Arbeitsleistung standardmäßig von zu Hause zu erbringen.

Das Feedback von Mitarbeiter/innen, die aufgrund von Corona erstmalig Homeoffice genutzt haben, ist durchweg positiv. Die zusätzliche Zeit durch Wegfallen der Anfahrt und  das konzentrierte Arbeiten sind nur zwei Punkte von vielen, weshalb das Homeoffice gut bei den Mitarbeiter/innen ankommt.

Mehr zur technischen Umstellung auf das Homeoffice

Kontaktloser Belegaustausch – digitale Buchhaltung, digitale Personalakten!

Aufgrund der Kontaktbeschränkungen musste die persönliche Übergabe von Unterlagen vermieden werden. Das zeigt, dass die digitale Buchhaltung auch hier ganz klare Vorteile hat. Durch unseren flächendeckenden Einsatz von digitalen Buchhaltungen konnten die Mitarbeiter/innen zum einen ohne Unterlagen transportieren zu müssen, einfach weiterarbeiten, zum anderen konnten uns die Mandanten – wie bisher auch – die Unterlagen problemlos online zur Verfügung stellen.

Natürlich konnte man Unterlagen auch über die Ablage auf der Türschwelle tauschen. Aber aufgrund der Hartnäckigkeit des Virus, bestand/besteht in diesen Fällen immer ein Restrisiko kontaminierter Belege; abgesehen davon, dass hochsensible Daten u. U. freizugänglich vor der Tür stehen.

Neben dem Austausch von Buchhaltungsbelegen macht es natürlich Sinn, auch die Unterlagen zur Lohnabrechnung digital auszutauschen und aufzubewahren. Durch die Einführung einer digitalen Personalakte ist die reibungslose Übernahme von Lohnabrechnungen, z. B. im Krankheitsfall gewährleistet, da die benötigten Unterlagen dann eben nicht im Büro oder Homeoffice stehen und kein Fremdzugriff möglich ist.

Sollten Sie die Möglichkeit der digitalen Buchhaltung noch nicht nutzen, ist jetzt, seit der Klarstellung der GOBD Ende 2014, einer der besten Zeitpunkte, um umzustellen.

Durch digitalen Unterricht, die Einführung und Nutzung von Videokonferenzen in allen Lebensbereichen oder auch durch Online-Bestellungen bei regionalen Geschäften (Gärtnereien etc.) besteht eine nie dagewesene Offenheit gegenüber Digitalisierungsthemen.

Nutzen Sie die Chance und wappnen Sie sich und Ihre Mandanten für eine zweite Welle. Mit einer digitalen Buchhaltung können außerdem leicht tagesaktuelle Auswertungen erstellt werden. Diese werden gerade für die Zeit nach der Krise und für verlässliche Liquiditätsplanungen benötigt, um beim Wiederanstieg der Nachfrage Lieferantenkredite oder Bankkredite zu erhöhen/zu bekommen und die erhöhte Nachfrage bedienen zu können. Mehr zu diesem Thema in Teil 2 dieser Serie.

Interne Kommunikation optimieren

Hat man nun die ersten beiden Herausforderungen gemeistert, steht bereits die nächste an. Denn je mehr Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten, desto höher ist die Flut an „internen“ E-Mails. Um dem Herr zu werden, gibt es verschiedene Lösungsansätze für die interne Kommunikation, z. B. Cocuun, Slack, Microsoft Teams u.v.m.

Wir haben uns für die Kommunikation via Teams entschieden. Hier kann intern ganz leicht mit einer Bildschirmfreigabe gearbeitet werden, um Probleme gemeinsam zu lösen. Die Chat-Funktion kann wie eine Art internes, datenschutzkonformes WhatsApp genutzt werden. Über die „Team“-Funktion können Infos wie Krankheit, Urlaub etc. zentral an alle mitgeteilt werden, ohne dass der E-Mail-Posteingang platzt.

Da viele Firmen auf Teams umgestiegen sind oder Teams nutzen, kann man die komfortable Chat-Funktion in vielen Fällen auch mit externen Partnern nutzen.

Geht es um interne Meetings, z. B. die regelmäßigen Mitarbeitertreffen, bieten sich Videokonferenz-Tools wie Zoom, BlueJeans oder GoToMeeting an.

Wir selbst nutzen GoToMeeting – bereits in der kleinsten Business-Variante können bis zu 150 Teilnehmer eingeladen werden.

Ein regelmäßiges „Treffen“ – auch online – ist gerade in solchen außergewöhnlichen Zeiten wichtig, um die Mitarbeiter/innen einzubinden.

Durch diese Möglichkeiten können die Mitarbeiter/innen auch mal eine Mittagspause zusammen verbringen, was für die Motivation und die Pflege der sozialen Kontakte wichtig ist.

Fazit – das sollten Sie tun, um sich optimal vorzubereiten:

  • Technische und vertragliche Voraussetzungen für Homeoffice schaffen – Ausstattung, Telefonanlage, Datenschutzvereinbarungen etc. (mindestens für die Lohnabteilung!).
  • Das Thema digitale Buchhaltung sowie digitale Personalverwaltung mit Ihren Mandanten angehen.
  • Die interne Kommunikation durch Tools wie Microsoft Teams optimieren und im regelmäßigen Austausch mit Ihren Mitarbeitern bleiben.
Foto: Adobe Stock/© ty
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Florian Gößmann-Schmitt ist Steuerberater mit einem Faible für digitale Lösungen. Als Praktiker liegt ihm besonders das Thema Automatisierung durch Digitalisierung am Herzen. Des Weiteren ist er als Autor und Sprecher zum Thema Digitalisierung in der Steuerberatungsbranche sowie als DITAX-Coach für den Einstieg in die digitale Steuerberatung unterwegs. Aktuell liegt sein Fokus auf der Weiterentwicklung der von ihm mitbegründeten Software für Verfahrensdokumentationen verfahrensdokumentation.pro.

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