Digitalisierung Steuerkanzleien

Von Stefan Eisl

Bereits im Jahr 2015 wurde die BBC-Studie „Will a robot take your job?‟ rund um die Veränderung in der Joblandschaft publiziert, und neben Taxifahrern waren es unter anderem die Tax Consultants, denen ein Ersatz durch den Einsatz von Robotern bzw. Automatisierung in einem Ausmaß von über 80 Prozent attestiert wurde. Ist diese These belastbar?

Ja. Ein Großteil der manuellen und deklaratorischen Schritte im Zuge der Leistungserstellung sind heute in der Steuerbranche bereits – auch ohne den Einsatz von künstlicher Intelligenz – beinahe zur Gänze automatisierbar.

Entscheidend ist hier, die Auswirkung der jeweiligen Trends klar festzumachen.

  1. Standardisierung
  2. Digitalisierung
  3. Automatisierung
  4. Dematerialisierung

Die Standardisierung der Buchungslogik – also auch die Eliminierung der Abweichung zum Standardkontenrahmen – stellt den ersten Grundpfeiler dar, um Prozesse und Abläufe erfolgreich zu digitalisieren und hochgradig zu automatisieren. Konkret heißt das, die Zusammenarbeit mit dem Mandanten zu standardisieren: Wer liefert was, in welcher Qualität, über welchen Kanal und zu welchem Zeitpunkt?

1. Den Belegfluss digital steuern

Die Zusammenarbeit erfolgt natürlich möglichst digitalisiert. Die Daten zur Verarbeitung im Rechnungswesen stehen zu über 90 Prozent in digitaler Form zur Verfügung. Es gibt heute de facto (kaum) mehr handgeschriebene Belege. Alle analogen Belege sind analoge Kopien von digital vorhandenen Belegen. An dieser Stelle gilt es anzusetzen: Digitalisieren Sie den Belegeingang und den Belegausgang bei Ihren Mandanten. Der Weg, eine E-Mail-Adresse wie eingangsrechnung@musterunternehmen.com einzurichten und den Belegfluss digital zu steuern, gilt heute als Standard.

2. Daten automatisiert zwischen Kanzlei und Mandanten übertragen

Um die Übertragung an die Kanzlei sicherzustellen, sind als nächster Schritt Werkzeuge zur Automatisierung einzusetzen. So kann beispielsweise ein Softwarewerkzeug zur Eingangsrechnungsfreigabe implementiert werden. Diese Werkzeuge stiften nicht nur Mehrwert beim Kunden, sondern stellen auch den Transfer des Belegs in die Kanzlei sicher.

3. Neue digitale Dienstleistungen anbieten

Nach Verarbeitung der Daten durch die Kanzlei erfolgt die Bereitstellung von Informationen, Auswertungen und Dienstleistungen an die Mandanten – in digitaler Form, automatisiert und über eine Plattform. Jetzt greift die Logik der Dematerialisierung. Ihre Dienstleistung wird zur Gänze zum digitalen Produkt bzw. zur digitalen Dienstleistung. Dieser Aspekt wirkt sich sehr positiv auf Kennzahlen wie beispielsweise die Druckkosten aus. In anderen Branchen hat das Thema Dematerialisierung ganze Zulieferketten zerstört. Denken Sie an den Ticketdrucker am Bahnhof und die dahinterliegende Wartungs- und Verbrauchsmaterialindustrie. Das ist heute alles digital per App verfügbar.

Halten Sie nicht zwanghaft an bestehenden Prozessen fest

Ist dies bei Ihren Mandanten auch möglich? Viele Steuerberater reagieren auf diese Entwicklung mit einer klaren Aussage: „Ja, das kann schon sein. Aber nicht mit meinen Mandanten!‟ Diese Argumentation ist verständlich und entspricht unserem Bedürfnis, an Bestehendem festzuhalten. Die Prozesse und Möglichkeiten ändern sich und damit auch die Wünsche der Mandanten. Oft hat in der Vergangenheit der Generationenwechsel in Unternehmen dazu geführt, dass die junge Generation mit dem Wunsch nach einer digitalen Zusammenarbeit die Kanzleien dazu gezwungen hat, ihre Angebote anzupassen. Mit dem Druck von Mandantenseite passiert diese Veränderung dann sehr rasch.

Es ist nicht zu spät, jetzt loszulegen

All diese Trends und Bewegungen sind aktuell noch überschaubar. Das Wachstum starker Kanzleien, die sich seit Jahren mit dieser Veränderung auseinandersetzen, zeigt jedoch, dass die Früchte die vorbereitende Arbeit entschädigen. Die wirtschaftliche Umarmung von Mandanten und deren strategische Begleitung führt dazu, dass das Geschäftsmodell für die nächsten Jahre auf Wachstumskurs ausgerichtet ist. Der Zuwachs, den diese Kanzleien verzeichnen, bedeutet, dass noch ausreichend Potenzial im Markt vorhanden ist.

Es ist also nicht zu spät, loszulegen, sondern genau genommen der richtige Zeitpunkt. Von den Erfahrungen der Early Mover in der Branche können Sie heute profitieren und lernen. Es gilt, genau die klassischen Fehler zu vermeiden und beherzt mit kleinen Schritten in eine technologisch vernetzte Welt zu starten – mit dem ersten Mitarbeiter und dem ersten Mandanten.

Tipps zum Schluss:

  • Blicken Sie aus Ihrer heutigen technologischen Sicht (Smartphone-User) und vor allem aus der sogenannten Vogelperspektive auf Ihre berufliche Tätigkeit und Ihre Abläufe – ganz unabhängig von vermeintlichen praktischen Hindernissen, die Sie im ersten Reflex vielleicht gedanklich ausbremsen wollen. Nehmen Sie eine zukunftsorientierte Haltung ein und entwickeln Sie eine Vision Ihrer Kanzlei, wie sie auch nach einer Revolution der Arbeitswelt, wie wir sie heute kennen, noch erfolgreich Ihren Mandanten dienen kann.
  • Ändern Sie jene Prozesse, die technologisch überholt sind.

 

Bei diesem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem zweiten Kapitel von „Kanzleierfolg ist planbar: Geheimnisse von Steuerberatungskanzleien auf ihrem Weg durch die digitale Transformation“ von Stefan Eisl. Das Buch können Sie hier bestellen.

Stefan Eisl begleitet mit seinem Team von Kanzlei-Consulting.at der DATEV in Österreich die erfolgreichsten Steuerberatungskanzleien auf ihrem Weg durch den digitalen Wandel. Bereits während seiner Tätigkeit als Consultant im Bereich Kanzleimanagement durfte er im Jahre 2013 die Einführung einer Lösung zum digitalen Rechnungsversand verantworten. Neben der laufenden Beratung rund um die Steigerung der Effizienz im Arbeitsablauf der Kanzlei folgten Projekte zur Automatisierung der Kommunikation zwischen Kanzlei und Finanzverwaltung.

Foto: Adobe Stock/Nuthawut

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